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ANALYSE-Bullen und Bären kämpfen um den Dollar

Veröffentlicht am 18.06.2009, 11:41
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- von Andrea Lentz - Frankfurt, 18. Jun (Reuters) - Die einen reden ihn tot. Die anderen sehen den Dollar dagegen wie Phoenix aus der Asche aufsteigen. Wie selten zuvor stehen sich an den Devisenmärkten Bären und Bullen in zwei fast gleich großen Lagern gegenüber. Beide warten mit Horrorszenarien auf, bei denen einem neutralen Beobachter der kalte Schauer über den Rücken laufen kann. So setzten die Dollar-Bären auf ein baldiges Ende des Dollar als Weltleitwährung und schließen für die USA den Staatsbankrott nicht aus. Das halten die Bullen für Blödsinn und reden lieber über ein mögliches Auseinanderbrechen der Euro-Zone, was logischerweise das andere Lager nun wieder für Unfug hält.

Die Folge dieser teils emotional geführten Debatte: Der Dollar findet kaum eine klare Richtung. Beide Lager arbeiten mit durchaus nachvollziehbaren Argumentationsketten. Die Dollar-Bullen halten das Gerede über ein Versagen des Dollar als Weltleitwährung in der derzeitigen Krise für politisch motiviert. Schließlich komme die Kritik ja vor allem auch von den politischen Gegnern der USA: Russland und China. "Der Dollar hat in dieser Krise genau das getan, was eine Reservewährung in einer solchen Krise tun muss: er ist gestiegen", erklärt Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz.

Zudem halten die Anhänger eines starken Dollar die größte Volkswirtschaft der Welt für flexibler als beispielsweise die Euro-Zone oder Japan. Sie setzten auf eine Erholung der US-Wirtschaft im zweiten Halbjahr. Das Inflationsrisiko angesichts der steigenden Staatsverschuldung - die USA haben zur Finanzierung der Konjunkturprogramme in vergleichsweise großem Stil die Notenpresse angeworfen - sehen sie weniger dramatisch. Die aktuellen Zahlen deuteten bislang nicht auf steigende Verbraucherpreise hin, urteilen sie. "Denn die Inflationsentwicklung macht deutlich, dass die Fed mit ihrer expansiven Geldpolitik richtig liegt: Deflation muss vermieden werden", stellt die Commerzbank denn auch fest, die einen Rückgang des Euro-Kurses bis auf 1,20 Dollar von derzeit knapp 1,40 Dollar prognostiziert.

Argumente der Dollar-Bären, dass gerade die Geldpolitik der Fed in der Zukunft zu einer massiven Geldentwertung führen kann, halten die Dollar-Bullen für "perfide". Die sehen das freilich ganz anders. "In den USA gibt es anders als in der Euro-Zone niemanden, der über die Staatsverschuldung wacht", erklärt Mario Mattera, Analyst beim Bankhaus Metzler in Frankfurt. In der Euro-Zone gebe es immerhin den Maastricht-Vertrag, auch wenn viele Staaten die darin festgelegten Kriterien für die Staatsverschuldung in den nächsten Jahren überschreiten würden.

Die Dollar-Bären halten auch den Optimismus für die US-Wirtschaft für übertrieben. Der Ökonom Nouriel Roubini beispielsweise sieht zwar ein Ende der derzeitigen Rezession in den USA im späteren Jahresverlauf. Doch rechnet er schon für 2010 mit der nächsten Rezession, und die dürfte dann zweistellig ausfallen, warnte Roubini, der die Finanzkrise vorausgesagt hatte.

Schließlich halten die Dollar-Bären das derzeitige Währungssystem für überholt. Sie verweisen auf das erste Gipfeltreffen der größten Schwellenländer. Brasilien, Russland, Indien und China (BRIC) hatten sich dabei für ein "stabiles, berechenbares und stärker diversifiziertes" Weltwährungssystem ausgesprochen. Dies ist aber kaum ein Horrorszenario, denn auch den BRIC-Ländern wäre nicht an einem Dollar-Crash gelegen. Sie müssten - allen voran China als größter ausländischer Gläubiger der USA - dafür nämlich vermutlich die Zeche zahlen. "Wir werden Zeit brauchen, um ein unipolares Finanzsystem in ein multipolares System zu verwandeln", erklärt Folker Hellmeyer, Chefvolkswirt der Bremer Landesbank, der dem Lager der Dollar-Bären zugerechnet wird. Er rechnet für das vierte Quartal mit einem Euro-Kurs von 1,55 bis 1,60 Dollar.

Wohin die Reise für die US-Währung letztlich geht, ist offen. Am Ende könnten sowohl die Bullen als auch die Bären ein wenig recht bekommen. Der Dollar könnte sich als sehr viel widerstandsfähiger erweisen, als viele Skeptiker derzeit vermuten. Doch könnte sich zugleich ein neuerliches Erstärken der US-Währung als nur vorübergehend entpuppen und die Tage eines allein am Dollar hängenden Weltwährungssystems bald gezählt sein.

(redigiert von Patricia Gugau)

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