BRÜSSEL (dpa-AFX) - Bundeskanzler Olaf Scholz sieht einen möglichen Ansatz für die von Israel geforderte Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation. Es gebe ein Urteil zu der Frage der Aktivitäten dieser Organisation, erklärte Scholz am Mittwochabend am Rande des EU-Gipfels. Dies könnte ein Ausgangspunkt für die Listung der Revolutionsgarden sein. Eine juristische Prüfung in der EU zu dem Thema laufe derzeit.
Eine Einstufung der iranischen Revolutionsgarden als Terrororganisation wird von Israel bereits seit langem gefordert, nach dem iranischen Angriff vom Wochenende war dies noch einmal bekräftigt worden. In der Vergangenheit hatte die EU immer betont, eine Terror-Listung der Garden sei derzeit rechtlich nicht möglich, weil es dafür eine nationale Gerichtsentscheidung oder Verbotsverfügung einer Verwaltungsbehörde brauche.
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) verwies am Mittwochabend in den "Tagesthemen" auf ein Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom vergangenen Dezember wegen eines versuchten Anschlags auf eine Synagoge in Bochum. Damals war ein Deutsch-Iraner wegen Verabredens einer schweren Brandstiftung und versuchter Brandstiftung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt worden (Aktenzeichen III-6 StS 1/23). Baerbock sagte, man habe in Brüssel noch einmal deutlich gemacht, dass man sich eine Prüfung wünsche, ob die Revolutionsgarden auch unter dem Terrorismus-Sanktionsregime gelistet werden könnten.
Scholz machte in seinen Ausführungen deutlich, dass die Einstufung ohnehin nur ein symbolischer Schritt wäre. Sanktionen gegen die Revolutionsgarden gebe es bereits, sagte er. Die Einstufung wäre "gewissermaßen dreifach genäht". Auch Baerbock betonte, dass die Revolutionsgarden als Organisation sowie führende Köpfe bereits sanktioniert seien.
Die Revolutionsgarden sind Irans Elitestreitkräfte, die die Staatsideologie schützen und vor allem einen Putsch verhindern sollen. Sie führten nach iranischen Angaben auch den Angriff auf Israel vom Wochenende aus, bei dem Hunderte Raketen und Drohnen zum Einsatz kamen, aber wegen einer gut funktionierenden Flugabwehr Israels und seiner Partner kaum Schäden entstanden.
Scholz appellierte am Mittwochabend erneut an Israel, nicht mit einem eigenen massiven Angriff auf Irans Raketen- und Drohnenbeschuss vom Wochenende zu antworten. Israel solle stattdessen den Erfolg bei der Abwehr des Angriffes nutzen, um seine eigene Position in der ganzen Region zu stärken.
Nach dem iranischen Großangriff auf Israel am Wochenende ist die Sorge in der EU groß, dass sich der Konflikt bei einem harten israelischen Gegenschlag weiter ausbreiten könnte. Auslöser der iranischen Attacke war ein mutmaßlich israelischer Angriff auf die iranische Botschaft in der syrischen Hauptstadt Damaskus gewesen. Dabei waren zu Beginn des Monats unter anderem zwei Generäle der iranischen Revolutionsgarden getötet worden.