Die Flut an SPAC-Deals ist beeindruckend. Die Kurse, zu denen die Akquisitionsvehikel nach Verkündung des Zielobjekts gehandelt werden, treibt einem hingegen die Tränen in die Augen. Fast alle notieren völlig unbeeindruckt weiterhin zum standardisierten Kurs von rund 10 US-Dollar. Seit März haben sich über 100 spannende Technologieunternehmen für den Börsengang über den SPAC-Weg entschieden. Nur eins davon bringt den frühen Investoren im Moment gute Renditen: Archaea Energy.
100 neue Chancen und nur Archaea Energy überzeugt – wie kann das sein? SPACs gibt es zwar schon seit vielen Jahren, aber dennoch waren sie 2020 noch ein relativ neues Phänomen für die meisten Anleger. Einige spektakuläre Deals haben frühen Investoren die Chance auf 500 % und mehr Rendite innerhalb von einigen Wochen ermöglicht. Plötzlich hatten sich alle auf das Thema gestürzt, sowohl Privatanleger als auch Profis, Private Equity und Investmentbanker.
Die Folge war eine Flut von neuen SPACs, die sich auf die Jagd nach spannenden Kaufobjekten machten. Diese Flut hatte zwei Folgen: Erstens verloren die meisten Marktteilnehmer völlig die Übersicht und zweitens stieg der Anteil an zweifelhaften Deals. Außerdem gab es immer mal wieder kleinere oder auch größere Unregelmäßigkeiten, die interessierte Investoren verunsicherten.
Kein Wunder also, dass die Begeisterung mittlerweile nachgelassen hat. Auf der anderen Seite sollte es doch erfreulich sein, dass die Auswahl an ambitionierten Unternehmen, die noch ganz am Anfang ihrer Entwicklung stehen, so stark gestiegen ist. Egal, ob wir uns für Quantencomputer, Biotech, Batteriezellen oder LiDAR interessieren: Immer finden sich herausragende Hightech-Unternehmen, in die man investieren kann, bevor sie jeder kennt.
Unter den letzten 100 Deals sind also trotz der stoischen Kursentwicklung bestimmt einige große künftige Gewinner. Aber es wird wohl etwas Zeit brauchen, bis sich die besten Kandidaten herauskristallisieren, sodass sich die Spreu vom Weizen trennt.
Darum begeistert Rice Acquisition Corp. mehr als alle anderen Eigentlich geht es hier nicht um einen einzigen Deal, sondern um einen Doppel-Deal. Am 7. April gab das SPAC-Management der Rice Acquisition Corp. (NYSE:RICE). (WKN: A2QF3Y) bekannt, dass es eine Fusion mit Archaea Energy und Aria Energy eingefädelt habe. Damit soll eine führende „Plattform“ für Biogas entstehen. Nach Abschluss der Fusion wird das Unternehmen den Namen Archaea Energy übernehmen und den Ticker NYSE:LFG bekommen.
Aria Energy hat in den letzten 13 Jahren selbst vier Übernahmen getätigt, während die erst 2018 gegründete Archaea von Anfang an die Strategie verfolgte, den Deponiegas-Sektor zu konsolidieren. Nun kommen also zwei schnell wachsende Spieler zusammen und die Aktionäre sind offenbar sehr überzeugt, dass Archaea Energy ein Gewinner der Energiewende sein wird.
Im Gegensatz zu vielen anderen SPAC-Unternehmen kann die künftig fusionierte Archaea Energy auf gute Cashflows verweisen. Zumindest auf Basis des operativen Gewinns vor Abschreibungen wirtschaftet es auch bereits profitabel. Angesichts der umfassenden Projekt-Pipeline glaubt das Management, dass der operative Gewinn schon 2024 eine Größenordnung von über 300 Mio. US-Dollar erreichen werde.
Müllhalden produzieren über Jahrzehnte Deponiegas und Archaea schließt exklusive Verträge über mindestens 25 Jahre ab. Das gibt Planungssicherheit. Gleichzeitig werden die Möglichkeiten zur Vermarktung immer besser. Der Brennstoff kann zum Heizen, im Transportsektor und in Kraftwerken genutzt werden. Er lässt sich auch problemlos über bestehende Infrastruktur transportieren.
Zudem geht das Management davon aus, dass man damit billiger nachhaltigen Wasserstoff produzieren kann als etwa mit Elektrolyse. In Verbindung mit der zunehmenden staatlichen Förderung von erneuerbaren Energien erscheinen die langfristigen Wachstumspotenziale riesig. Von gut 200 Mio. US-Dollar soll der Umsatz bis 2025 auf über 700 Mio. US-Dollar steigen.
Archaea Energy überzeugt mit Planbarkeit Ganz klar: Archaea Energy ist kein typisches SPAC-Unternehmen. Über die Fusion von zwei Branchenführern mit einem kapitalkräftigen Akquisitionsvehikel entsteht ein Konzern, der sein profitables Wachstum erheblich beschleunigen kann. Eine stringente Projekt-Pipeline und langfristige Abnahmeverträge sorgen zudem für plausible Kalkulierbarkeit.
Die meisten der 99 anderen SPACs, die zuletzt Deals verkündet haben, werden frühestens in einigen Jahren größere Umsätze schreiben und noch später in die Gewinnzone kommen. Bis dahin kann noch viel passieren, weshalb Anleger lieber erst einmal abwarten, bis sich zeigt, wer wirklich was kann und wer nur auf Sand gebaut hat. Archaea Energy baut auf Müll – und das gefällt.
Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2021