Investing.com - Der US-Luftfahrtkonzerns Boeing (NYSE:BA) hat am Freitag nach US-Börsenschluss umfassende Restrukturierungsmaßnahmen angekündigt. Das Unternehmen plant, 10 Prozent seiner Belegschaft abzubauen, was rund 17.000 Arbeitsplätzen entspricht. Hintergrund sind steigende Verluste und ein anhaltender Streik der Maschinisten, der die Produktion der beliebten 737, das Arbeitspferd der meisten Fluggesellschaften (NYSE:JETS), seit nunmehr fünf Wochen zum Erliegen gebracht hat.
Boeing rechnet laut der Mitteilung mit einem Verlust von 9,97 US-Dollar je Aktie für das dritte Quartal. Belastet wurde das Ergebnis durch Sonderbelastungen in den Sparten Verkehrsflugzeuge und Verteidigung. Der Umsatz soll sich auf 17,8 Milliarden US-Dollar belaufen.
Zudem gab der Konzern bekannt, die Auslieferung des Großraumflugzeugs 777X auf 2026 zu verschieben. Auch die Produktion des kommerziellen Modells 767 soll 2027 eingestellt werden. Das kündigte CEO Kelly Ortberg in einer internen Mitteilung an die Belegschaft an.
„Unser Geschäft ist in einer schwierigen Lage“, sagte Ortberg laut der Mitteilung. „Es sind harte Entscheidungen notwendig, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben und den Kundenanforderungen gerecht zu werden.“ Der Stellenabbau und die Kostensenkungen gelten als die bislang drastischsten Schritte des erst seit gut zwei Monaten amtierenden CEOs.
Jefferies-Analystin Sheila Kahyaoglu schätzt, dass die Einsparungen durch den geplanten Personalabbau bei etwa 1,7 Milliarden US-Dollar im EBIT liegen könnten. „Bei einem durchschnittlichen Gehalt von 100.000 US-Dollar jährlich – da auch leitende Manager betroffen sind – ergibt eine Reduzierung der Belegschaft um 10 Prozent etwa 1,7 Milliarden US-Dollar an Einsparungen im EBIT und einen Anstieg der EBIT-Marge um etwa 190 Basispunkte für 2025“, so Kahyaoglu. Sie verwies darauf, dass ähnliche Schritte in dieser Woche auch bei kleineren Zulieferern zu beobachten gewesen seien, was auf weitere Anpassungen in der Branche hindeute.
Zudem sieht die Analystin durch die vorzeitige Veröffentlichung der Zahlen eine Entlastung von regulatorischen Anforderungen im Vorfeld einer möglichen Aktienemission. Laut Bloomberg News will Boeing durch die Ausgabe neuer Aktien mindestens 10 Milliarden US-Dollar erlösen. Dabei berief sich die Nachrichtenagentur auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.
Der Streik der Maschinisten, der am 13. September begann, stellt für Ortberg die bisher größte Herausforderung dar. S&P Global Ratings hatte zuletzt gewarnt, dass Boeing monatlich mehr als eine Milliarde US-Dollar durch den Arbeitskampf verliert. Die Spannungen zwischen dem Unternehmen und der Gewerkschaft nahmen zu, nachdem Boeing Anfang der Woche ein neues Vertragsangebot zurückzog.
Rating-Agenturen sehen die Gefahr, dass Boeing sein Investment-Grade-Rating verlieren könnte. Mit indexfähigen Schulden in Höhe von 52 Milliarden US-Dollar wäre das Unternehmen damit laut JPMorgan (NYSE:JPM) der größte „Fallen Angel“ aller Zeiten. Fallen Angels sind Unternehmen, die von einer Top-Bonität (Investment-Grade) auf Ramsch-Niveau (High-Yield) herabgestuft werden. Einst solide, jetzt riskant: Ihre Schulden gelten plötzlich als unsicher.
Nach US-Börsenschluss gab die Boeing-Aktie um etwa 1,7 % auf 148,45 US-Dollar nach. Damit hat sie mehr als die Hälfte der während des Handelstages erzielten Gewinne wieder abgegeben und bleibt damit nahe ihrem gestern erreichten 52-Wochen-Tief von 146,26 US-Dollar. Seit Jahresbeginn summiert sich der Kursverlust somit bereits auf über 40 %.
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