FRANKFURT (dpa-AFX) - Ein möglicher Übernahmekampf um Evotec (ETR:EVTG) hat den Aktienkurs des Wirkstoffforschers am Freitag beflügelt. Die US-Biotechfirma Halozyme Therapeutics will das Hamburger Unternehmen für 11 Euro je Aktie in bar beziehungsweise 2 Milliarden Euro kaufen, wie sie am Donnerstagabend mitgeteilt hatte. Evotec bestätigte den Eingang einer entsprechenden Interessensbekundung. Schon seit Wochenbeginn ist bekannt, dass der Finanzinvestor Triton seine Beteiligung an Evotec zuletzt aufgestockt hatte.
Mit einem Sprung bis auf 10,62 Euro gleich zu Handelsbeginn setzten die Evotec-Titel am Freitag ihre seit Montag beschleunigte, aber zwischendurch stockende Erholungsrally fort. Sie waren damit so teuer wie zuletzt Mitte Mai. Um die Mittagszeit stand noch ein Kursplus von gut 18 Prozent auf 10,19 Euro zu Buche, womit Evotec die Gewinnerliste im Nebenwerte-Index SDax unangefochten anführte.
Die jüngste Entwicklung hatte die Papiere in den vergangenen Wochen schon über wichtige charttechnische Indikatoren für den kurz- bis mittelfristigen Trend gehievt. Nun schafften sie es auch über die langfristig bedeutsame 200-Tage-Linie. Dagegen büßten die schon zuletzt schwachen Halozyme-Anteile am Freitag im vorbörslichen US-Handel weitere 4,5 Prozent ein.
Vom gut einen Monat alten Zwischentief bei 5,105 Euro aus hat sich der Evotec-Aktienkurs mehr als verdoppelt. Trotzdem ist Evotec angesichts der vorangegangenen Talfahrt immer noch weniger als halb so viel wert wie noch zu Jahresbeginn. Das Unternehmen zählt damit zu den größten SDax-Verlierern und ist entsprechend interessant als Übernahmekandidat. Zumal das um die Jahrtausendwende erreichte Rekordniveau von mehr als 100 Euro und selbst das mehr als drei Jahre alte Zwischenhoch über 45 Euro noch meilenweit entfernt sind.
Aktuell hinken die Aktien den von Halozyme gebotenen 11 Euro je Aktie noch etwas hinterher. Die Offerte sei mehr als doppelt so hoch wie der Evotec-Aktienkurs, bevor Triton - als möglicher Übernahmekonkurrent - ab Mitte Oktober seine Beteiligung aufgebaut habe, schreibt Benjamin Jackson vom US-Analysehaus Jefferies.
Der deutsch-schwedische Finanzinvestor Triton hatte laut einer Stimmrechtsmitteilung vom Montag seinen Evotec-Anteil vergangene Woche von 5,6 Prozent auf rund 9,2 Prozent aufgestockt. Einer Mitteilung an die US-Börsenaufsicht SEC vom Ende vergangener Woche zufolge sind es inzwischen fast 10 Prozent.
Neben Triton sind laut Evotec unter anderem der dänische Pharmakonzern Novo Nordisk (NYSE:NVO) mit 8 Prozent und der Staatsfonds des arabischen Emirats Abu Dhabi, Mubadala Investment, mit 7 Prozent an dem deutschen Unternehmen beteiligt.
Für Übernahmeinteressent Halozyme stehe offenbar die Evotec-Konzerntochter Just Evotec Biologics im Fokus, so Jefferies-Experte Jackson weiter. Sein Kursziel von 6,80 Euro für Evotec als unabhängiges Unternehmen schreibe allein der Tochter einen Wert von rund 4,70 Euro zu und könnte in einem langfristigen Szenario auf 14,60 Euro steigen.
Die Kursziele anderer Häuser sind für Evotec bereits zweistellig. Auch für Analyst Christian Ehmann von Warburg Research zielt das Interesse der Amerikaner vor allem auf Just Evotec Biologics. Die Plattform habe bereits bedeutendes Interesse am Markt hervorgerufen und Aufträge des Generikaherstellers Sandoz (SIX:SDZ) sowie vom US-Verteidigungsministerium erhalten.
RBC-Experte Charles Weston verwies auf viel schlummerndes Potenzial und Chancen für ein bedeutendes langfristiges Wachstum von Evotec. Er machte für die bis Mitte Oktober schwache Kursentwicklung die Komplexität des Geschäftsmodells, Druck des Marktes sowie eine durchwachsene Umsetzung von Vorhaben verantwortlich. Wegen der Unterschiede zwischen Evotecs Geschäften und denen von Halozyme könnte es allerdings dauern, bis den Marktakteuren klar werde, was ein solcher unerwarteter Deal für Halozyme bedeute, ergänzte Expertin Jessica Fye von der US-Investmentbank JPMorgan (NYSE:JPM).