(neu: weiterer Analystenkommentar und Kurse aktualisiert)
FRANKFURT (dpa-AFX Broker) - Eine erneute Umsatz- und Gewinnwarnung hat die Aktien von Zalando (4:ZALG) am Dienstag auf eine in der knapp vierjährigen Börsengeschichte noch nie gesehene Talfahrt geschickt. Die Papiere des Online-Händlers von Modeartikeln brachen zwischenzeitlich um bis zu 20 Prozent ein auf den niedrigsten Stand seit mehr als zwei Jahren.
Das Unternehmen muss wegen der Hitzewelle, höheren Preisnachlässen und Abwicklungskosten vor allem beim Gewinn kräftig zurückrudern. Beim bereinigten Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) werden 2018 nur noch 150 bis 190 Millionen Euro angepeilt. Bislang hatte Zalando zumindest ein Erreichen des unteren Endes der Spanne von 220 bis 270 Millionen Euro in Aussicht gestellt. Auch die Umsatzprognose schraubte der im MDax notierte Konzern zurück.
Experten monierten, dass Zalando innerhalb kurzer Zeit bereits zum zweiten Mal zurückrudern musste. Das Unternehmen hatte schon Anfang August bei der Vorlage der Zahlen für das zweite Quartal die Erwartungen für das laufende Jahr gedämpft. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte der Online-Händler die Hitzewelle als Begründung angeführt und prognostiziert, dass sie auch im dritten Quartal die Nachfrage belasten dürfte. Das hatte die Aktien in zwei Börsentagen um bis zu 11 Prozent absacken lassen.
Die nun nochmals reduzierten Geschäftsziele für 2018 hätten den Markt kalt erwischt, schrieb Analystin Georgina Johanan von der Investmentbank JPMorgan (NYSE:JPM). Analyst Andrew Ross von der Barclays (LON:BARC) Bank wies indes darauf hin, dass die Kennziffern für die allgemeine Aktivität der Zalando-Kunden weiterhin gut seien. Das Problem liege vielmehr in den wetterbedingt kleiner ausgefallenen Warenkörben. Ein Risiko für die Konsensprognosen von Analysten konnte Ross daher nicht erkennen. Er beließ die Papiere auf "Übergewichten".
Ähnlich argumentierte die US-Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS): Die reduzierten Geschäftsziele seien ein wetterbedingtes Sonderereignis, schrieb Analyst Tushar Jain. Die Experten Lars Lusebrink und Sven Diermeier von Independent Research wiesen darauf hin, dass bei Zalando die Ertragsaussichten im Vergleich zur Bekleidungsbranche generell unverändert überdurchschnittlich seien.
Nach heftigen Kursverlusten in den ersten 30 Handelsminuten konnten die Zalando-Papiere im weiteren Verlauf wieder etwas Boden gut machen. Sie gingen mit 36,37 Euro und damit mit einem Verlust von gut 13 Prozent aus dem Handel. Die Marktkapitalisierung des seit Herbst 2014 an der Börse notieren Unternehmens fiel damit um knapp 1,4 Milliarden Euro auf gut 9 Milliarden Euro. Das Rekordhoch der Aktien von Mitte Juli bei gut 50 Euro ist erst einmal in weite Ferne gerückt.
Im Sog der Zalando-Verluste fielen auch die Papiere des britischen Online-Modehändlers Asos an der Londoner Börse um 5 Prozent. Aktien der Modemarke Hugo Boss (DE:BOSSn) gaben um knapp 2 Prozent nach. "Das widrige Wetter dürfte alle Anbieter der Modebranche belastet haben", sagte Analyst Volker Bosse von der Baader Bank. Weitere Gewinnwarnungen seien also nicht ausgeschlossen.