PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die zuletzt wieder gesunkene Brexit-Gefahr lässt die Anleger an Europas Börsen aufatmen: Nachdem sich bereits vor dem Wochenende etwas Entspannung breit gemacht hatte, trauten sich die Investoren am Montag verstärkt in die als risikoreicher geltenden Aktien zurück. Hiervon profitierte wie schon am Freitag vor allem der Bankensektor, aber auch für die Finanzdienstleister ging es steil aufwärts. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) als Leitindex der Eurozone kletterte bis zum späten Vormittag um 2,90 Prozent auf 2931,78 Punkte aufwärts.
Ein Marktbeobachter warnte gleichwohl davor, dass sich der jüngste Erholungstrend schnell wieder umkehren könnte. "Bis zum bevorstehenden Referendum in Großbritannien am Donnerstag dürften die Märkte weiter stark schwanken", sagte er.
Nach der Ermordung der britischen Labour-Abgeordneten Jop Cox am vergangenen Donnerstag haben die Gegner eines Austritts Großbritanniens aus der EU über das Wochenende wieder mehr Zulauf bekommen und liegen in den jüngsten Umfragen vorn. In der vergangenen Woche hatte sich das Pendel noch zugunsten eines Brexit geneigt, was die Kurse an den internationalen Börsen zeitweise kräftig zum Purzeln brachte. Der britische Premierminister David Cameron warb am Sonntag im Fernsehen noch einmal nachdrücklich für einen Verbleib des Königreichs in der EU.
Der Londoner FTSE-100-Index gewann am Montag 2,59 Prozent auf 6177,02 Punkte und der CAC-40-Index (CAC 40) stieg zuletzt in Paris um 2,90 Prozent auf 4315,29 Punkte. Auch der Euro zog an und das britische Pfund legte zu allen wichtigen Währungen deutlich zu, während als sichere Häfen geltenden Anlage-Klassen wie Gold nachgaben.
Der Subindex der zuletzt arg gebeutelte Bankenbranche (DJX:SX7P) zog um 4,19 Prozent an, Finanzdienstleister (DJX:SXFP) verteuerten sich im Schnitt um 4,29 Prozent. Bankenwerte sind allerdings mit einem Kursabschlag von mehr als einem Viertel seit Jahresbeginn immer noch die mit Abstand größten Verlierer im Stoxx 600.
Größter Gewinner im Eurostoxx 50 waren am späten Vormittag Deutsche-Bank-Aktien (XETRA:DBKGn) mit einem Aufschlag von mehr als 5 Prozent. Papiere der Unicredit (MI:CRDI) (FSE:CRI) (AFF:UCG) zogen um nahezu viereinhalb Prozent an. Sie wurden zudem durch - unbestätigte - Medienberichte gestützt, wonach die Bank den Ex-Minister Corrado Passera zum Konzernchef berufen will. Auch die übrigen Geldinstitute im europäischen Leitindex rückten um etwa dreieinhalb bis mehr als viereinhalb Prozent vor.
Einziger Eurostoxx-Verlierer waren die Papiere des Energiekonzerns Enel (MI:ENEI) (AFF:ENEL) (FSE:ENL): Sie gaben nach drei Tagen mit Gewinnen nun zu Wochenbeginn um knapp 2 Prozent nach - dabei half auch eine Heraufstufung durch die französische Investmentbank Exane BNP Paribas (PSE:PBNP) nicht. Enel zeichne sich durch sein überdurchschnittliches Wachstum und mittlerweile recht niedrige Bewertungsmultiplikatoren aus, begründete Analyst Manuel Palomo in einer Studie vom Montag sein nunmehr neutrales Anlagevotum.
An der Londoner Börse überstrahlten ebenfalls die hohen Kursgewinne im Banken- und Finanzsektor die übrigen Branchen. Den "Footsie" führten die Aktien des Brokers Hargreaves Lansdown mit mehr als siebeneinhalb Prozent an.