FRANKFURT (dpa-AFX) - Erstmals seit Anfang April ist der Dax (DAX) am Donnerstag unter die Marke von 12 000 Punkten gesackt. Die wachsende Zahl wirtschaftlicher und politischer Risiken treibt immer mehr Anleger aus Aktien. Die jüngste Hiobsbotschaft wurde just an diesem Morgen veröffentlicht, denn die Auftragseingänge für die deutsche Industrie waren im Juli überraschend und zudem deutlich gesunken.
Bis zur Mittagszeit fing sich das deutsche Börsenbarometer allerdings ein wenig und legte um 0,36 Prozent auf 12 084,31 Punkte zu und auch der Leitindex der Eurozone drehte in die Gewinnzone. Rückenwind kam von der Wall Street, wo sich zuletzt ein freundlicher Auftakt abzeichnete.
Der MDax (MDAX) stabilisierte sich mit plus 0,17 Prozent auf 26 297,81 Punkte. Der Technologie-Index TecDax (TecDAX) erholte sich leicht um 0,31 Prozent auf 2921,60 Punkte. Tags zuvor hatte er noch belastet durch eine schlechte Stimmung an der technologielastigen US-Börse Nasdaq mehr als 2 Prozent eingebüßt.
Marktanalyst Milan Cutkovic von AxiTrader warnt dennoch: "Fällt die psychologisch wichtige Marke von 12 000 Punkten, droht eine Fortsetzung der Korrektur bis auf mindestens 11 700 Zähler." Wesentlich für die weitere Entwicklung ist dafür stets der Punktestand zum Handelsschluss.
Der internationale Handelskonflikt und die Währungskrisen in einigen Schwellenländern bleiben wesentliche Themen. Das im Juli auf etwas über 50 Milliarden US-Dollar gestiegene US-Handelsdefizit befeuert laut Analyst Michael Hewson vom Broker CMC Markets die Sorgen. Es wüchsen damit Befürchtungen, dass es weitere Zölle geben könnte. Das scheine fast unvermeidbar, schrieb er und verwies auf die Kluft der weltgrößten Volkswirtschaft im Handelsaustausch mit China und auch Europa. Im Austausch mit den beiden Regionen hatte das Defizit der US-Handelsbilanz im Juli Rekordwerte erreicht. China indes warnte just die USA vor einer Zuspitzung des Handelskonflikts und will gegebenenfalls weitere Gegenmaßnahmen einleiten.
Unter den Einzelwerten im Dax rückten die Aktien des Versorgers RWE (4:RWEG) an die Index-Spitze mit plus 2,4 Prozent. Eine große Branchenstudie (STOXX Europe 600 Utilities) der Investmentbank HSBC gab Auftrieb. Analyst Adam Dickens rechnet mit steigenden Strompreisen und empfiehlt nun die RWE-Papiere zum Kauf.
Die Anteile von Infineon (4:IFXGn), die bereits tags zuvor zu den Schlusslichtern im Leitindex gezählt hatten, fanden sich erneut am Dax-Ende. Sie gaben um weitere 2,2 Prozent nach. In den USA hat sich die Stimmung für die Technologiebranche nach den jüngsten Rekordläufen wieder eingetrübt.
Die Anteile des Zahlungsabwicklers Wirecard (4:WDIG), die in rund zwei Wochen in den Dax aufsteigen, gewannen im TecDax 3 Prozent. Die Commerzbank (4:CBKG)-Aktien, die dafür wie erwartet in den MDax absteigen, verloren zugleich 0,4 Prozent. Am Vorabend hatte die Deutsche Börse (DE:DB1Gn) die Ergebnisse ihrer neuen Index-Regeln mitgeteilt und die Aufsteiger und Absteiger für Dax, MDax, SDax und TecDax bekannt gegeben.
Die neuen Regeln für die Dax-Familie wirbeln so einiges auf, denn vom 24. September an wird der MDax dann 60 statt 50 Unternehmen haben und der SDax 70 statt 50. Das liegt daran, dass nun auch TecDax-Unternehmen in die so genannten Standardwerte-Indizes aufgenommen werden. Zudem werden alle Dax-Unternehmen aus der Technologiebranche dann auch im TecDax vertreten sein.
Die beiden Autozulieferer Schaeffler (61:SHA) und Leoni (4:LEOGn) büßten unter den schwächsten Werten im MDax 4,7 und 3,3 Prozent ein. Ein negativer Kommentar der Schweizer Bank UBS (SIX:UBSG) belastete. Diese rät nun zum Verkauf der beiden Aktien. Für Leoni kommt noch hinzu, dass das Papier am 24. September in den SDax (SDAX) absteigen muss.