FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Erfolg des europafreundlichen französischen Präsidentschaftskandidaten Emmanuel Macron im ersten Wahlgang hat die Aktienmärkte entfesselt. Dax (DAX) und MDax schafften es auf neue Höchststände. Die Anleger gaben die jüngste Zurückhaltung auf, griffen vor allem bei Bankaktien zu, und trieben den deutschen Leitindex bis auf knapp 12 400 Punkte nach oben. Dass sich im April zudem die bereits gute Stimmung in den deutschen Unternehmen laut den ifo-Geschäftsklima-Daten weiter deutlich aufhellte, tat ein Übriges.
Gegen Mittag lag der Dax mit 2,82 Prozent im Plus bei 12 388,35 Punkten. Der MDax (MDAX), der die Aktien mittelgroßer Unternehmen repräsentiert, erreichte bei 24 476 Punkten ein Rekordhoch. Mit plus 1,86 Prozent lag er zuletzt wieder etwas darunter. Der Technologie-Index TecDax (TecDAX) rückte um 1,75 Prozent auf 2051,87 Punkte vor. Für den Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) ging es um 3,70 Prozent nach oben auf den höchsten Stand seit August 2015. Der französische CAC-40 (CAC 40) gewann sogar 4,24 Prozent und erreichte den höchsten Stand seit 2008.
'WIRTSCHAFT UND FINANZMÄRKTE KÖNNEN AUFATMEN'
Nach dem Erfolg von Macron können Wirtschaft und Finanzmärkte erst einmal aufatmen, kommentierte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher. "Mit Emmanuel Macron steht der führende Kandidat für Wirtschaftsreformen und ein starkes Europa", erklärte er und hält eine weitere wichtige Hürde zur Beendigung der Finanz- und Wirtschaftskrise in Europa für genommen.
Von einem "perfekten Szenario" für die Märkte sprach Devisenstratege Sebastien Galy von der Deutschen Bank und Anleihe-Experte Dirk Gojny von der National-Bank in Essen sieht nun eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass Macron in der Stichwahl am 7. Mai siegt. Investoren sehen dies ähnlich und wechselten daher aus eher sicheren Anlageformen wie etwa dem japanischen Yen oder Gold zurück in risikoreichere Anlagen wie Aktien. Der Euro sprang gegenüber dem US-Dollar zwischenzeitlich auf das höchste Niveau seit Anfang November. Staatsanleihen litten zugleich deutlich unter Abgabedruck.
BANKAKTIEN FAVORISIERT
Favoriten der Anleger in Europa waren die Anteilsscheine von Banken: Die Papiere der Commerzbank (4:CBKG) schossen um 9 Prozent hoch. Die Aktien der Deutschen Bank (4:DBKGn), die zudem von einer Kaufempfehlung der australischen Bank Macquarie profitierten, gewannen etwas mehr als 7 Prozent. Im MDax stiegen die Aktien der Aareal Bank (4:ARLG) und der Deutschen Pfandbriefbank (4:PBBG) um jeweils rund 3 Prozent. Aus Sicht der US-Investmentbank Goldman Sachs (NYSE:GS) ist der Sieg des wirtschaftsfreundlichen EU-Befürworters Macron vor allem positiv für europäische Bankaktien und Finanzwerte. Die Risiken nähmen ab, ein konstruktiver Wahlausgang wirke stabilisierend für Europa.
Zudem kommt den Bankaktien auch die Aussicht auf eine weniger strenge Regulierung in den USA zugute. US-Präsident Donald Trump leitete weitere Schritte zum Regelabbau im Finanzsektor ein. Die als defensiv geltenden Immobilienwerte wie Vonovia (4:VNAn) oder Deutsche Wohnen (4:DWNG) wurden dagegen entsprechend gemieden.
RWE PROFITIEREN VON AUSSAGEN AUS DORTMUND
Gefragt waren auch die RWE-Papiere (4:RWEG) mit plus 3 Prozent. Wie Dortmunds Oberbürgermeister Ullrich Sierau (SPD) der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (Samstag) sagte, prüft die Stadt den Erwerb zusätzlicher RWE-Aktien. Dortmund ist bereits mit einem Anteil von 4,1 Prozent der größte kommunale Aktionär des zuletzt tief in die roten Zahlen gerutschten Energiekonzerns. Auch die Siemens-Aktien (4:SIEGn) zogen die Blicke auf sich, denn im Zuge der Kursrally an den Börsen erreichten sie ein Rekordhoch bei 131,85 Euro und hielten sich zuletzt mit knapp 5 Prozent Plus leicht darunter.
Positiv aufgenommene Quartalszahlen des Labor- und Pharmazulieferers Sartorius (4:SATG_p) schoben dessen Aktien auf ein Rekordhoch bei 83,38 Euro. Die Anteilsscheine des Wafer-Herstellers Siltronic (4:WAFGn) hingegen brachen um fast 8 Prozent ein. Laut einem Bericht der chinesischen Wirtschaftszeitung "Economic Daily News" wollen die japanischen Unternehmen Sumco und Shin-Etsu Handotai, die den taiwanischen Markt beliefern, die Wafer-Preise im zweiten Halbjahr um nur 10 Prozent erhöhen. Am Markt sei mit rund 30 Prozent gerechnet worden.