(neu: weitere Analystenstimmen, auch Banken mit einbezogen)
FRANKFURT (dpa-AFX) - Aktien aus dem Energie- und aus dem Bankensektor haben am Montag besonders stark unter politischer Unsicherheit gelitten. Bei der Europawahl hatten rechte Parteien in mehreren Ländern große Erfolge erzielt. In Frankreich wurde die Verunsicherung besonders groß, weil Präsident Emmanuel Macron dort mit einer Neuwahl der Nationalversammlung klare politische Verhältnisse schaffen will.
"Der Rechtsruck in Europa bringt politische Unsicherheit zurück auf das Börsenparkett", sagte am Morgen der Marktanalyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets (LON:CMCX). Der Wahlausgang sei nicht nur für die deutsche Ampel-Koalition, sondern auch für die französische Regierung eine bittere Pille, kommentierte Analyst Christian Henke vom Broker IG.
In Deutschland sorgte das schlechte Abschneiden der aktuellen Regierungskoalition für Aufsehen. "Die Ampel-Parteien haben mit einem Stimmenanteil von kumuliert unter einem Drittel einen klaren Denkzettel erhalten", hieß es am Morgen in einem Kommentar der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Ohne die Perspektive einer Fortsetzung der Koalition über 2025 hinaus dürften ihre inneren Differenzen weiter zu- und ihre Entscheidungsstärke weiter abnehmen, wird dort gemutmaßt.
Die Grünen als Treiber der deutschen Energiewende mussten bei der Europawahl am Sonntag deutlich Federn lassen. Ihr Stimmanteil rutschte von über 20 Prozent auf 11,9 Prozent ab.
Für die Papiere des Windkraft-Anlagenbauers Nordex (ETR:NDXG) ging es vor diesem Hintergrund um vier Prozent bergab. Auch beim Dax -Konzern RWE (ETR:RWEG) und dem Solar-Spezialisten SMA wurden die Belastungen mit Abgaben von zwei respektive vier Prozent deutlich.
Während der Dax am Montag gegen Mittag um gut ein Prozent fiel, sackte der Leitindex Cac 40 in Paris mit minus zwei Prozent noch deutlicher ab. Die Risikoscheu der Anleger zeigte sich auch am europäischen Anleihenmarkt, wo die Renditen besonders deutlich in Frankreich stiegen. Am Devisenmarkt stand der Eurokurs unter Druck.
Für die Ökonomin Marion Muehlberger von der Deutschen Bank (ETR:DBKGn) bringen die Wahlen zweierlei Fazit mit sich. Das Ergebnis zeige auch, dass die von Zentrumsparteien gehaltene Mehrheit im Europaparlament Bestand habe. Andererseits befürchtet sie von der anstehenden Wahl in Frankreich aber die größten Auswirkungen. Die LBBW sprach von einem "Paukenschlag in Paris".
In Frankreich ging das rechtsnationale Rassemblement Nationale um Marine Le Pen als klarer Sieger aus der Europawahl hervor. Mit der Neuwahl hofft Präsident Emmanuel Macron wohl, seine Mehrheit in der Parlamentskammer auszubauen. "Doch diese Mehrheit zu erreichen, dürfte nicht einfach werden, denn Macrons Partei wirkt geschwächt", schrieb am Morgen der JPMorgan-Experte Raphael Brun-Aguerre.
Dem JPMorgan-Experten zufolge besteht nun das Risiko darin, dass sich eine Mehrheit außerhalb von Macrons Partei herausbildet. In diesem Fall müsste dieser einen Premierminister ernennen, der der neuen Mehrheit entspricht. In solch einer als "Kohabitation" bezeichneten Phase würde der Premierminister das Land regieren und Macrons Rolle würde sich auf Außenpolitik, Verteidigung und Justiz beschränken, sagte der JPMorgan-Experte.
Laut dem Barclays-Analysten Peter Crampton bringt die Unsicherheit in Frankreich für dortige Versorger (NYSE:XLU) erhöhte Risiken mit sich. Die Aktien von Engie (EPA:ENGIE) sackten in Paris zuletzt um fast fünf Prozent ab. Auch französische Banken traf es am Montag relativ hart, wie Kursverluste von 7,7 Prozent zum Beispiel bei der Societe Generale (EPA:SOGN) zeigten. Auch im Infrastrukturbereich litten die Vinci (EPA:SGEF) -Aktien mit bis zu 5,7 Prozent.