Investing.com - Morgan Stanley-Aktienstratege Michael Wilson, der die jüngste Talfahrt an den Aktienmärkten richtig vorausgesagt hat, verweist in einer aktuellen Notiz auf die sich häufenden negativen Datenpunkte. Diese folgen in der Regel den Aktienkursen, die schon seit einigen Monaten Negativmeldungen signalisieren. Auch verweist Wilson auf die reale Gewinnrendite des S&P 500, die angesichts der derzeit hohen Inflationsrate so negativ ist wie seit den 1950er Jahren nicht mehr.
Als Beispiel dafür, dass der Aktienmarkt in der Regel Nachrichten vorwegnimmt, verweist Wilson auf die aggressive Kursänderung der US-Notenbank Fed im Januar, die sich bereits im November und Dezember in einem Ausverkauf bei hochbewerteten Aktien niederschlug. Seiner Einschätzung nach begreifen die Anleger allmählich, dass das erste Quartal für längere Zeit das letzte gute Geschäftsquartal gewesen sein könnte. "Höhere Kosten und gestiegene Rezessionsrisiken belasten das künftige Wachstum".
Zu der negativen realen Gewinnrendite meint Wilson, dass Aktien angesichts der rasant gestiegenen Inflation nicht mehr den Inflationsschutz bieten, auf den sich viele Investoren stützen. Die realen Gewinnrenditen laufen den realen Aktienrenditen im Jahresvergleich in der Regel um etwa sechs Monate voraus. "Daraus lässt sich ein erhebliches Abwärtspotenzial auf Indexebene folgern, sobald die Marktteilnehmer dies realisieren", kommentierte er. "Unserer Ansicht nach könnte der S&P 500 in naher Zukunft auf mindestens 3800 und möglicherweise sogar bis auf 3460, wo sich der gleitende 200-Wochen-Durchschnitt befindet, fallen, sollten die zu erwartenden 12-Monats-EPS aufgrund von Margen- und/oder Rezessionssorgen zu fallen beginnen."
Wilson ist nach wie vor der Auffassung, dass die Gewinnschätzungen für die nächsten 12 Monate zu hoch sind und dass sich die Anzeichen für eine Verlangsamung des Wachstums mehren, als die Mehrheit der Marktteilnehmer glaubt. Als bestes Beispiel hierfür verwies der Stratege auf die Äußerungen von Amazon-CEO Andy Jassy im Rahmen der Telefonkonferenz zu den Geschäftsergebnissen in der vergangenen Woche:
"Heute […] konzentrieren sich unsere Teams ganz auf die Verbesserung der Produktivität und Kosteneffizienz in unserem gesamten Fulfillment-Netzwerk […] Dies wird einige Zeit in Anspruch nehmen, insbesondere da wir mit dem anhaltenden Inflations- und Lieferkettendruck zu kämpfen haben."
Kurzfristig sieht Wilson das Mindestziel für den S&P 500 bei 3800 (-8 %). Eine echte technische Unterstützung sei jedoch erst beim gleitenden 200-Wochen-Durchschnitt bei 3460 zu finden, also -16 % unter dem aktuellen Indexstand. Kurzfristige Bärenmarktrallyes seien aber jederzeit möglich, so Wilson. Der Markt sei derzeit so überverkauft, dass jede gute Nachricht zu einer kräftigen Gegenbewegung führen könne, sagte er.
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