FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Anleger am deutschen Aktienmarkt haben am Donnerstag die abgewendete Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und der Europäischen Union (EU) gefeiert. Der Dax (DAX) stieg im frühen Handel um 1,31 Prozent auf 12 744,25 Punkte. Für den MDax (MDAX) der mittelgroßen Unternehmen ging es um 1,06 Prozent auf 26 970,64 Punkte nach oben. Der Technologiewerte-Index TecDax (TecDAX) rückte um 0,59 Prozent auf 2933,09 Punkte vor. Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) als Leitindex der Eurozone gewann 0,7 Prozent.
Bei einem Krisentreffen in Washington hatten sich US-Präsident Donald Trump und EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker am Vorabend überraschend auf einen Plan zur Beilegung des Konflikts verständigt. Sie wollen nun Gespräche über die Abschaffung von Zöllen auf Industriegüter in Gang bringen. Mögliche US-Zölle auf Autos sind nach Auffassung der EU vorerst vom Tisch. Entsprechend verbuchten die Papiere von BMW und Volkswagen (DE:VOWG) in den ersten Handelsminuten Kurssprünge. Daimler-Papiere hingegen standen nach der Bekanntgabe aktueller Quartalszahlen unter Druck.
"Wenn die Vorschläge in eine verbindliche Vereinbarung umgesetzt werden, wäre Deutschland der große Gewinner", schrieb Analyst Heino Ruland von Ruland Research. Allerdings sei die Politik des US-Präsidenten "erratisch". In der vergangenen Woche sei die EU aus Sicht Trumps noch ein Gegner der USA gewesen, nun sei sie wieder ein verlässlicher Partner. Investoren lebten also weiter "von der Hand in den Mund".
Aus Branchensicht waren am Donnerstag Autoaktien dank der Entspannung im Handelsstreit auch europaweit mit Abstand am stärksten gefragt. So stieg der Sektorindex Stoxx Europe Automobiles & Parts zuletzt um 2,2 Prozent. Die Papiere von BMW (4:BMWG) und Volkswagen (4:VOWG_p) verteuerten um 2,7 beziehungsweise 3,6 Prozent. Sie waren damit unter den besten Werten im Dax.
Die Aktien von Daimler (4:DAIGn) sanken hingegen als Dax-Schlusslicht um 0,83 Prozent. Der Auto- und Lkw-Bauer hatte am Donnerstagmorgen seine Geschäftszahlen zum zweiten Quartal veröffentlicht, die bei den Anlegern nicht so gut ankamen. JPMorgan-Analyst Jose Asumendi sprach in einer ersten Reaktion von einem "komplizierten" Quartal für die Stuttgarter, schätzt die Aktie aber weiterhin positiv ein.
Die Titel der Deutschen Börse (4:DBKGn) legten um unterdurchschnittliche 0,4 Prozent zu. Der Börsenbetreiber hatte am Vorabend über seine jüngste Geschäftstätigkeit informiert. Jürgen Graf, Analyst bei der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW), sah darin eine sehr erfreuliche Entwicklung, die mit dem starken Kursanstieg seit Jahresanfang aber bereits weitgehend eingepreist sei.
Die Aktien von Covestro (4:1COV) rückten nach der Bekanntgabe der jüngsten Geschäftsentwicklung um 1,4 Prozent vor. Die Kennziffern seien auf den ersten Blick etwas besser als erwartet ausgefallen, kommentierte ein Händler am Morgen. Da die Covestro-Aktie seit Ende Juni aber deutlich zugelegt habe, seien nun Gewinnmitnahmen denkbar, fügte er hinzu.
Airbus-Papiere (9:AIR) waren mit einem Plus von 5,6 Prozent an der MDax-Spitze zu finden. Der Luftfahrt- und Rüstungskonzerns hatte starke Quartalszahlen präsentiert.
Die Anteilsscheine von Puma (95:PMMAF) fielen hingegen um mehr als 2 Prozent nach der Veröffentlichung der Quartalszahlen. Der Hersteller von Sport- und Lifestyle-Artikeln habe sich zurückhaltend zum zweiten Halbjahr geäußert, schrieb Analyst Volker Bosse von der Baader Bank. Das zweite Quartal sei zwar gut gelaufen, die Markterwartungen seien jedoch noch höher gesteckt gewesen.
Die Titel von Wacker Chemie (4:WCHG) stiegen nach einer hervorragenden Performance des Spezialchemiekonzerns im zweiten Quartal um 5,5 Prozent.
Dagegen sorgten die Kennziffern des Gabelstapler-Herstellers Kion (4:KGX) für Enttäuschung und einen Kurseinbruch am MDax-Ende von 8 Prozent. Der Gewinn sank um annähernd ein Viertel und verfehlte damit die Erwartungen der Analysten erheblich.
Auch die operative Entwicklung von Aixtron (4:AIXGn) kam an der Börse sehr schlecht an: Die Aktien des Ausrüsters der Halbleiterindustrie sackten als TecDax-Schlusslicht um knapp 6 Prozent ab.