Nur 50 Euro Steuern auf eine Million Gewinn: Die EU-Kommission hat von Irland gewährte Steuervergünstigungen für dem US-Konzern Apple (NASDAQ:AAPL) für unzulässig erklärt und die Nachzahlung einer Rekordsumme von 13 Milliarden Euro verlangt. Irland und Apple kündigten Berufung an. Der Konzern und die US-Regierung warnten vor negativen Folgen für Investitionen in Europa.
Apple lässt seit Jahrzehnten einen großen Teil seines internationalen Geschäfts über Irland laufen. Die irische Regierung hatte mit dem US-Konzern 1991 und 2007 Vereinbarungen geschlossen, die laut Kommission "in künstlicher Weise eine erhebliche Verringerung" der gezahlten Steuern bewirkt haben. Dadurch habe Apple die Besteuerung von nahezu sämtlichen Gewinnen vermieden, die das Unternehmen "durch den Verkauf seiner Produkte im gesamten EU-Binnenmarkt erwirtschaftete".
Denn Apple verbuchte demnach alle Verkäufe von Produkten wie iPhones oder iPads über die irische Tochter Apple Sales International - und nicht in dem EU-Land, wo sie tatsächlich stattfanden. Die Gewinne wurden dann größtenteils einem "fiktiven Verwaltungssitz zugewiesen und blieben unbesteuert", erklärte die Behörde.
Damit zahlte Apple Sales International Brüssel zufolge schon 2003 in Irland nur noch ein Prozent Körperschaftsteuer auf Gewinne. 2014 waren es dann kaum noch messbare 0,005 Prozent. Ähnlich verfuhr Apple mit einer weiteren Tochter, die für die Herstellung bestimmter Computerserien zuständig ist.
Der Steuerdeal habe Apple "einen wesentlichen Vorteil gegenüber anderen Unternehmen verschafft", erklärte die Kommission am Dienstag. Sie verlangt nun Nachzahlungen für die Jahre von 2003 bis 2014. Neben den bis zu 13 Milliarden Euro muss Irland dabei auch Zinsen für den Betrag von Apple einfordern.
Die Entscheidung sende die "klare Botschaft, dass Mitgliedstaaten ausgewählten Unternehmen keine unfairen Steuervergünstigungen gewähren dürfen", sagte Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Die irische Regierung kündigte umgehend Berufung an. Finanzminister Michael Noonan sagte, er sei mit der Entscheidung überhaupt nicht einverstanden.
Auch Apple will Widerspruch einlegen. "Wir gehen in Berufung und sind zuversichtlich, dass die Entscheidung gekippt wird", erklärte der US-Konzern. Er warnte, der Beschluss werde "eine tiefgreifende und schädliche Wirkung auf Investitionen und die Schaffung von Arbeitsplätzen in Europa" haben.
Die Kommission geht seit mehreren Jahren verstärkt gegen unfairen Steuerwettbewerb vor, bei dem einzelne Unternehmen von EU-Mitgliedstaaten begünstigt werden. Sie erklärte im Oktober 2015 bereits Steuerdeals der Niederlande mit der Kaffeehauskette Starbucks sowie von Luxemburg mit dem Autobauer Fiat-Chrysler für illegal und verlangte Steuernachzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe. Geprüft werden von Brüssel derzeit noch die Fälle Amazon (NASDAQ:AMZN) und McDonald's in Luxemburg.
Das harte EU-Vorgehen belastet inzwischen das Verhältnis zu Washington. Die US-Regierung hatte der Kommission kürzlich vorgeworfen, sie nehme "überproportional" US-Konzerne ins Visier. Nach der Entscheidung vom Dienstag warnte das Washingtoner Finanzministerium, die Kommissionsentscheidung könne "ausländische Investitionen" in Europa "und den wichtigen Geist wirtschaftlicher Partnerschaft zwischen den USA und der EU untergraben".
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) lobte dagegen das Vorgehen der Kommission. Es sei ein Signal, "dass die Steueroasenpolitik in Europa ein Ende findet", sagte der SPD-Chef in Berlin. Er finde es "absolut richtig, Apple, Amazon und Google (NASDAQ:GOOGL), die Milliardengewinne machen, aber minimale Steuersätze zahlen, endlich zur Verantwortung ziehen".