Berlin, 24. Jul (Reuters) - In der Union gibt es Kritik am Aktionsplan von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) für Konsequenzen aus dem Wirecard-Bilanzskandal. "In seinem Plan bleibt Scholz vielfach im Ungefähren", sagte CSU-Finanzexperte Hans Michelbach am Freitag der Nachrichtenagentur Reuters. "Wo er konkret wird, sind Nachbesserungen unabdingbar." Michelbach forderte eine "schlagkräftige Task Force" bei der Finanzaufsichtsbehörde BaFin. Der von Scholz vorgesehene Sonderermittler werde bei Verdachtsfällen nicht ausreichen. Auch die vorgesehene Frist für eine Auswechselung der Bilanzabschlussprüfer sei mit zehn Jahren zu lang. Der Unions-Obmann im Finanzausschuss plädierte für eine Rotation von zwei bis drei Jahren bei börsennotierten Firmen.
"Außerdem brauchen wir nicht eine schärfere Trennung von Prüfung und Beratung wie im Scholz-Papier vorgesehen, sondern eine glasklare Trennung", unterstrich Michelbach. "Dabei dürften auch Zeiträume von Prüfung und Beratung nicht unmittelbar aufeinander folgen." Michelbach sprach sich für eine ein- bis zweijährige Karenzzeit zwischen Prüfung und Beratung aus.
Der CSU-Finanzexperte reagierte damit auf den Entwurf eines Aktionsplans, der am Donnerstagabend bekanntgeworden war. Das Finanzministerium schlägt in dem Reuters vorliegenden Papier Maßnahmen zur Stärkung der Finanzaufsicht und für eine schärfere Kontrolle der Wirtschaftsprüfer vor. Der Zahlungsabwickler Wirecard (DE:WDIG) hat nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft mindestens seit 2015 seine Bilanzen gefälscht. Erst im Frühjahr flog dies auf, weil für 1,9 Milliarden Euro in der Bilanz Belege fehlten. Aufsichtsbehörden und Wirtschaftsprüfer bemerkten davon trotz verschiedener Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten nichts.
"Der Vorstoß des Finanzministers kann eine rückhaltlose Aufklärung der Unzulänglichkeiten nicht ersetzen, die den Wirecard-Skandal möglich gemacht haben", sagte Michelbach. "Sachverhalte und Verantwortlichkeiten müssen am Ende klar zutage liegen." Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) müssen sich am Mittwoch in einer Sondersitzung des Finanzausschusses Fragen nach möglichen Versäumnissen der Bundesregierung und der Aufsichtsbehörden stellen.