Frankfurt (Reuters) - Beflügelt von einem schwächeren Euro nimmt der deutsche Aktienmarkt Kurs auf sein Rekordhoch.
Der Dax legte am Donnerstagvormittag 1,5 Prozent zu auf 13.438 Punkte und notierte so hoch wie seit dem 21. Februar nicht mehr. Er liegt nur noch gut 300 Zähler unter seiner bisherigen Bestmarke. “Ungeachtet der Tatsache, dass mittlerweile abenteuerliche Bewertungsniveaus bei einigen Aktien aus dem Technologiesektor erreicht wurden, wollen die Börsen - allen voran die Wall Street - scheinbar jeden Tag ein Stück weiter nach oben”, sagte Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst beim Brokerhaus CMC Markets. “Damit steigt aber auch die Gefahr, dass der Aktienmarkt eines Tages den Moment erlebt, an dem alle aus dem Risiko wieder raus wollen. Korrekturen in einem heiß laufenden Bullenmarkt zählen statistisch zu den stärksten Einbrüchen der Börsengeschichte.”
Gestützt wurde die Stimmung vom schwächeren Euro. Die Gemeinschaftswährung gab zeitweise 0,6 Prozent nach auf 1,1787 Dollar. Einem Bericht der “Financial Times” zufolge bereitet die jüngste Euro-Stärke mehreren hochrangigen EZB-Vertretern Sorge. Das mache den Zinsentscheid in der kommenden Woche spannend, sagte Sean Callow, Währungsstratege bei Westpac. Commerzbank-Expertin Thu Lan Nguyen rechnet aber nicht mit einem wieder stärkeren Dollar. “Die Korrektur sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Fed-Strategieänderung angesichts der Aussicht auf eine höhere US-Inflation langfristig negative Folgen für den US-Dollar hat.”
Gold verbilligte sich um bis zu 0,8 Prozent auf 1927,75 Dollar je Feinunze (31 Gramm). Dabei spiele einerseits der festere Dollar eine Rolle, sagte Carsten Fritsch, Rohstoffexperte bei der Commerzbank (DE:CBKG). “Kräftig steigende Aktienmärkte, die einen hohen Risikoappetit und Konjunkturoptimismus der Marktteilnehmer ausdrücken, taten ihr übrigens.”
Am Anleihemarkt sorgten wiederaufflammende Konjunktursorgen für Gesprächsstoff. Bei den zweijährigen deutschen Papieren sank die Rendite zeitweise auf minus 0,718 Prozent, machte dann aber wieder Boden gut. Der Aufschwung in Deutschland und der Euro-Zone verliert einer Umfrage zufolge an Schwung. Der Einkaufsmanagerindex, der Industrie und Dienstleister zusammenfasst, sank im August um 0,9 auf 54,4 Punkte. “In den verbrauchernahen Branchen hat der erste Aufwärtsschub nach dem Ende des Lockdowns bereits etwas nachgelassen”, sagte Markit-Ökonom Phil Smith.
HOFFNUNG AUF IMPFSTOFF STÜTZT REISEWERTE
Die Hoffnung auf einen Corona-Impfstoff ließ Anleger zu Reisewerten greifen, der entsprechende Index legte 2,7 Prozent zu. In Deutschland lagen die Fraport-Aktien 5,4 Prozent im Plus, die Lufthansa-Titel notierten 4,7 Prozent höher. In London gewannen die Aktien der British-Airways-Mutter IAG und von Easyjet (LON:EZJ) je rund sechs Prozent. Der französische Pharmakonzern Sanofi (PA:SASY) und sein britischer Geschäftspartner GSK gaben den Startschuss für eine erste klinische Studie ihres Impfstoffkandidaten. Sollte sich das Mittel als wirksam, verträglich und sicher erweisen, wollen die beiden Unternehmen im kommenden Jahr eine Milliarde Dosen produzieren.
Um bis zu 5,2 Prozent abwärts ging es für die Aktien von Siemens (DE:SIEGn) Healthineers. Der Medizintechnikkonzern sammelte bei seinen Aktionären im Rahmen einer Kapitalerhöhung fast drei Milliarden Euro ein. Mit dem Geld soll ein Teil der Übernahme des Krebstherapie-Spezialisten Varian finanziert werden.