Der DAX präsentierte sich in den letzten Monaten von seiner Schokoladenseite. Erst vor wenigen Tagen wurde ein neues Allzeithoch geknackt. Wer hätte das vor einem Jahr erwartet?
Im April 2020 war der deutsche Aktienindex ein Sanierungsfall. Die 30 deutschen Premiumtitel schwächelten bei einem Stand von rund 10.000 Punkten auf dem Niveau von 2015. Katastrophe!
Totgesagte leben bekanntlich länger. Das gilt auch für den DAX.
Doch jetzt ziehen wieder pechschwarze Wolken über dem deutschen Aktienmarkt auf. Diesmal dürften keine Pandemie, sondern zunehmend schwierige Makrodaten den DAX zu Fall bringen. Ist das schlimm? Nein! Der DAX ist einfach reif für die Ernte. Es wäre eine Schande, ihn verderben zu lassen.
Der DAX-Käufer des 13. März sitzt auf vollen Taschen
Ja, es gibt ihn – den DAX-Käufer, der bei einem Punktestand von 8.200 Punkten beherzt zugegriffen hat. Dieser glückliche Marktteilnehmer sitzt mittlerweile auf einem Gewinn von rund 85 % (Stand für diese Zahl und alle weiteren Zahlen: 21.04.2021).
Vor Steuern und Abgaben. Dennoch ist das ein Wert, für den ein Index für gewöhnlich lange stricken muss. An solchen Renditen werkelt der DAX meist Jahre – und nicht Monate.
Aktienkäufer suchen gerne Chancen für die Zukunft. Für die DAX-Käufer des 13. März 2020 liegt die womöglich beste Chance ihres Lebens in der Vergangenheit.
Für jene ist die vor einem Jahr gesäte Investition reif für die Ernte. Und das nicht nur, weil der Einsatz beinahe verdoppelt wurde.
Das schlechteste Umfeld seit November 2018
Auch die Makrodaten sehen nicht gut aus. Das erste Mal seit November 2018 stehen im Mai 2021 womöglich die meisten DAX-Signale auf Rot.
Da wäre die aus europäischer Sicht katastrophale Entwicklung der Gemeinschaftswährung gegenüber dem US-Dollar. Auf Sicht von einem Jahr hat der Euro gegenüber dem US-Dollar um beinahe 10 % aufgewertet. Das dürfte gerade für exportorientierte DAX-Konzerne kaum ein Grund zur Freude sein.
Offenbar schafft es die europäische Zentralbank derzeit nicht, eine Aufwertung zu verhindern. Womöglich wird sie es nicht einmal ernsthaft versuchen. Denn die Inflation in der Eurozone ist auf Jahressicht spürbar angezogen. Wenn kein Wunder geschieht, dürfte auch die Inflationsrate im April im Jahresvergleich keinen Grund für eine extrem lockere Geldpolitik liefern.
Zu allem Überfluss werfen die historisch eher schwachen Sommermonate ihren Schatten voraus. Die Monate Mai, Juni, August und September beendet der DAX im langjährigen Durchschnitt gerne tiefrot im Minus.
Erst im DAX-Frühling darf wieder gesät werden Nein, der deutsche Aktienindex wird nicht untergehen. Er ist nur reif für die Ernte.
Die imposante Aufholjagd seit dem März-Crash war spektakulär. Derartige Muskelspiele würde man eigentlich eher vom Tech-Sektor erwarten.
Doch langfristig sehe ich nicht, wie der DAX die zunehmend schwierigen Makrodaten bewältigen soll. Es steht ein DAX-Winter bevor, der womöglich mehrere Monate oder sogar Jahre andauern wird.
Es muss nicht so kommen. Doch wenn, dann ist das auch kein Problem. Nach dem DAX-Winter kommt der DAX-Frühling. Dann kann wieder frisch gesät werden.
Motley Fool Deutschland 2021