Der enorme Aufschwung der Märkte in den letzten Wochen war fast so sensationell wie der Crash, der ihm vorausging. Bis 7. April waren der FTSE 100 und der FTSE 250 seit den Tiefstständen vom 23. März um 14 % bzw. 19 % gestiegen.
Die britischen Anleger scheinen wieder optimistisch, ja sogar bullisch zu sein. Ich bin nicht ganz so zuversichtlich.
Warum so ernst? Versteh mich nicht falsch – die Tatsache, dass sich einige Kurven zu verflachen beginnen, ist eindeutig eine sehr ermutigende Nachricht. Doch die Erwartung, dass die Mutter aller Konjunkturerholungen im Eiltempo eintritt, kann einfach nicht richtig sein.
Zum einen werden die Lockdowns allmählich aufgehoben und vielleicht wieder eingeführt. Nicht-relevante Unternehmen werden geschlossen bleiben. Unabhängig davon, wie viele Stimulus-Pakete die Regierung aufsetzt, sind weitere Probleme unvermeidlich. Viele als “sicher” empfundene Arbeitsplätze könnten am Ende immer noch verloren gehen.
Als Investoren müssen wir auch aus einer psychologischen Perspektive darüber nachdenken. Werden sich die Menschen an ihren Arbeitsplätzen (vorausgesetzt, sie haben noch einen) genauso sicher fühlen wie früher? Abgesehen von ungeplanten Ausgaben werden sie wirklich wie die Wilden einkaufen, wenn die Beschränkungen aufgehoben werden? Selbst wenn sie sich in der glücklichen Lage befinden, keine finanziellen Sorgen zu haben, werden sich die Bürgerinnen und Bürger sofort wieder in ein Flugzeug oder ins Kino setzen? Da bin ich mir nicht so sicher.
Also überhaupt nicht kaufen? Das würde ich nicht sagen. Da die Aktienmärkte im Jahr 2020 so weit gefallen sind, bieten sie wohl ein besseres Chancen-Risiko-Verhältnis als früher. Solange man beabsichtigt, seine Aktien lange Zeit zu halten, erscheint es logisch, weiterhin billige Index-Tracker oder diversifizierte aktive Fonds zu kaufen. Wir Fools investieren über Jahre und im Idealfall Jahrzehnte. Wenn die Indizes in 20-30 Jahren immer noch unter früheren Allzeithochs liegen, haben wir wahrscheinlich größere Sorgen.
Die Dinge werden jedoch sehr viel schwieriger, wenn wir uns auf einzelne Unternehmen konzentrieren. Denk daran, dass einige im Moment keinen Cent Umsatz machen. Daher sind traditionelle Bewertungsmethoden, wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV), mit Vorsicht anzuwenden.
Nehmen wir Cineworld als Beispiel. Der Aktienkurs stieg gestern um 49 %, nachdem die Dividende gestrichen wurde. Ist das Unternehmen 49 % wertvoller als am Montag? Ich würde argumentieren, dass das nicht der Fall ist, einfach weil sich die Gewinnaussichten definitiv nicht verbessert haben. Folglich erwecken wilde Kursbewegungen wie diese kein Vertrauen.
Das soll nicht heißen, dass alle Aktien einzelner Unternehmen gemieden werden sollten. Aber die Situation verlangt von den Anlegern, noch wählerischer als sonst zu sein. Meiner Ansicht nach sollten nur qualitativ hochwertige Unternehmen gekauft werden. Unternehmen mit soliden Finanzen, starkem Management und Wettbewerbsvorteilen werden schließlich immer diejenigen sein, die den Investoren am ehesten helfen, im Laufe der Zeit reich zu werden.
Ich könnte auch ganz daneben liegen Ich bin über die zukünftige Marktentwicklung nicht besser informiert als du (obwohl ich sehr zuversichtlich bin, dass der langfristige Trend mit Sicherheit nach oben geht). Dessen ungeachtet bin ich skeptisch, dass der jüngste Anstieg anhalten kann.
Deshalb sichere ich meine Investitionen ab. Wenn die Aktienkurse weiter steigen, werde ich glücklich sein, weil ich etwas Geld investiert habe. Ich werde feiern, weil ich nicht in Panik geraten bin und nicht alles verkauft habe, als der Coronavirus auf der ganzen Welt wütete. Wenn die Aktien weiter fallen, werde ich etwas trockenes Pulver haben, so dass ich nachkaufen kann.
Bärenmärkte dauern im Durchschnitt etwa ein Jahr. Wir sind erst seit einem Monat dabei. Ich werde weiterhin vorsichtig vorgehen und nach soliden Gelegenheiten Ausschau halten.
Dieser Artikel wurde von Paul Summers auf Englisch verfasst und am 08.04.2020 auf Fool.co.uk veröffentlicht. Er wurde übersetzt, damit unsere deutschen Leser an der Diskussion teilnehmen können.
The Motley Fool UK hat keine Position in einer der genannten Aktien.
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