Investoren der Tesla-Aktie (NASDAQ:TSLA) (WKN: A1CX3T) konnten letzte Woche ordentlich feiern. Das Unternehmen steigerte seinen Umsatz um 74 % und seinen Quartalsgewinn auf einen Rekordwert von 464 Mio. US-Dollar. Die addierten Quartalsgewinne der letzten vier Quartale (Trailing Twelve Months, TTM) erreichten ebenfalls einen neuen Rekordwert von 1,26 Mrd. US-Dollar.
Klingt super – wäre da nicht ein Wermutstropfen, auf den Tesla-Bären nur allzu gerne hinweisen. Denn auch die Erlöse aus dem Zertifikateverkauf kletterten auf einen Rekordwert. Zusätzlich verdiente Tesla gut 100 Mio. Dollar am Teilverkauf seiner Bitcoin-Position, die das Unternehmen erst vor wenigen Monaten eingegangen war. Ohne diese Sondereffekte schrieb die Tesla-Aktie einen Verlust von 155 Mio. Dollar und war auch in keinem der vorherigen Quartale profitabel. Böse Zungen werfen Tesla daher Bilanztrickserei vor.
Bilanztricks bei der Tesla-Aktie? In verschiedenen Regionen der Welt – unter anderem in Teslas Heimatmarkt Kalifornien – erhalten Autohersteller Zertifikate für den Verkauf von Elektroautos. Wer am Ende des Jahres nicht genügend Zertifikate besitzt, riskiert teure Strafen. Auch Tesla erhält diese, aber da das Unternehmen ausschließlich Stromer verkauft, hat Tesla einen enormen Überschuss an Zertifikaten. Daher bietet es sich an, dass Tesla diese Zertifikate an andere Hersteller verkauft, die Strafzahlungen vermeiden möchten.
Der Verkauf der Zertifikate ist für Tesla ein gutes Geschäft. Die für das Unternehmen eigentlich wertlosen Zertifikate können so zu Geld gemacht werden. Das Geld liegt für Tesla buchstäblich auf der Straße – der Konzern erhält es im Grunde für seine bloße Existenz. Als Investor der Tesla-Aktie bin ich froh, dass Elon Musks Unternehmen diese Möglichkeit nutzt. Es wäre dumm, das Geld nicht einzusammeln! Denn so kann Tesla es sich erlauben, seine Elektroautos günstiger zu verkaufen. Damit erreicht das Unternehmen einen größeren Markt und treibt gleichzeitig seine Vision schneller voran.
Bilanztricks, um den Kapitalmarkt zu täuschen, kann man der Tesla-Aktie daher aus meiner Sicht nicht vorwerfen.
Ein Ausblick auf die nächsten Jahre Wichtig ist natürlich, zu verstehen, dass Tesla diese Erlöse nicht für immer erzielen können wird. Andere Hersteller bringen immer mehr Elektroautos auf den Markt und senken damit ihren Flottenverbrauch. Somit werden sie immer weniger Zertifikate kaufen müssen und Tesla wird immer weniger Umsätze mit ihrem Verkauf erzielen. Die „Bilanztricks” könnten also schon nächstes Jahr der Vergangenheit angehören.
Wenn das passiert, könnten die Quartalsgewinne der Tesla-Aktie fallen. Doch es ist keine Entwicklung, die mich langfristig beunruhigt. Tesla verfügt über eine starke Nachfrage und kann jederzeit auf Kosten von ein paar Prozent Umsatzwachstum seine Preise anheben und sich in die schwarzen Zahlen manövrieren. Aktuell priorisiert das Unternehmen das Umsatzwachstum höher, um sich als dauerhafter Marktführer zu etablieren. Das ist aus meiner Sicht genau die richtige Strategie.
Investoren der Tesla-Aktie müssen sich daher aktuell keine Sorgen darüber machen, dass das Unternehmen seine Quartalsgewinne ausschließlich durch den Zertifikatehandel erwirtschaftet.
Christoph Gössel besitzt Aktien von Tesla. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Tesla.
Motley Fool Deutschland 2021