Durch die vergangenen zwölf Monate arbeitete sich Eon (DE:EONGn) (WKN: ENAG99) recht solide. Die Aktie stabilisierte sich mit einem Plus von 7 % und notiert heute bei 10,64 Euro (Stand: 11. August 2021). Auch operativ lief es zuletzt wieder ziemlich rund. Der Jahresumsatz liegt zurzeit, bezogen auf die vergangenen zwölf Monate, bei 62 Mrd. Euro. Die Gewinnmarge stieg sogar auf 3,5 %, auch dank einer Rückerstattung im Rahmen des Atomausstiegs.
Das Management hebt die Prognose an CEO Leo Birnbaum und seine Kollegen rechnen nun mit einem EBIT zwischen 4,4 und 4,6 Mrd. Euro für das gesamte Geschäftsjahr. Bislang lag ihre Schätzung bei maximal 4 Mrd. Euro. Der Gewinn soll sich bei mindestens 2,2 Mrd. Euro einpendeln – rund 30 % mehr als nach der vorangegangenen Prognose.
Der Grund für den neuen Optimismus ist leicht zu finden:
Eon lieferte ein gutes erstes Halbjahr Der Energiekonzern legte in all seinen Segmenten zu. Der Umsatz wuchs in den ersten sechs Monaten um 8 % auf 33 Mrd. Euro, das operative Ergebnis um 45 % auf 3,2 Mrd. Euro.
Das sind respektable Zahlen, aber …
Vergiss nicht den Sondereffekt! Im März einigte sich die Bundesregierung mit den vier deutschen Atomkonzernen auf eine Entschädigung. Schließlich war der endgültige Beschluss zum Atomausstieg im Jahr 2011 nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts in Teilen mangelhaft. Insgesamt erhalten die vier Konzerne nun eine Entschädigung von 2,4 Mrd. Euro.
Eon erhält zwar nur eine relativ geringe Entschädigung, kann jedoch den Kauf von Strommengen rückabwickeln. Daraus ergibt sich für das erste Halbjahr 2021 ein positiver Effekt in Höhe von 500 Mio. Euro auf das EBIT.
Was heißt das nun alles für uns Anleger? Checken wir einmal die Dividende.
Zum aktuellen Kurs erhalten wir 4,4 %. Das klingt zunächst überzeugend. Die Dividende floss in den vergangenen zehn Jahren jedoch nur sehr unregelmäßig auf die Konten der Aktionäre. Ein sicherer Dividendenzahler ist Eon nicht.
Können wir wenigstens auf eine Kursrendite hoffen?
Ja, hier bin ich besseren Mutes. Ich habe mir die Cashflows genau angesehen. In Zukunft, das heißt bis zum Jahr 2031, rechne ich mit leicht steigenden Cashflows. Der faire Wert der Aktie liegt nach meiner Rechnung bei 20 Euro. Und damit könnte sich der Aktienkurs durchaus noch verdoppeln. Aber letztendlich steht das in den Sternen. Auch ich habe keine Glaskugel …
Die Bilanz von Eon gefällt mir gar nicht Wachstumspotenzial ist ja schön und gut. Aber Basis all meiner Investments ist ein gesundes, finanzielles Fundament. Und hier schrillen bei Eon leider einige Alarmglocken.
Die Verschuldung ist 2,5-mal so hoch wie das Eigenkapital – ein fataler Wert. Und das Unternehmen war in den letzten Jahren überaus fleißig dabei, ihn kontinuierlich zu steigern. Im Jahr 2016 lag der Verschuldungsgrad noch bei verkraftbaren 83 %.
Auch der operative Cashflow kann mich nicht über die dünne Eigenkapitaldecke hinwegtrösten. Er deckt lediglich 18 % des zinstragenden Fremdkapitals ab.
Das war jetzt viel Zahlenmaterial. Aber dir sollte klar geworden sein, dass eine gute Wachstumsaussicht nicht alles sein darf. Langfristige Investments fußen auf stabilen Bilanzen. Sie geben Halt in schwierigen Zeiten und wirken wie ein Trampolin in guten Zeiten. Eon kann sich jedoch auf beides nicht verlassen.
Auch als Dividendenjäger interessiert mich die Aktie des Energieriesen nicht. Mir muss das Management erst einmal zeigen, dass es sein Kapital langfristig ertragreich einsetzen kann. Ein gutes Halbjahr mit Sondereffekten und euphorische Prognosen aus dem Vorstand reichen mir nicht.
Henning Lindhoff besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
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