Frankfurt (Reuters) - Wenige Stunden vor dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank (EZB) haben sich die Anleger an den europäischen Aktienmärkten nicht aus der Deckung getraut.
Dax und EuroStoxx50 verloren am Donnerstagvormittag je rund 0,8 Prozent auf 12.827 beziehungsweise 3346 Punkte.
“Die EZB wird sich heute auf Worte beschränken, Taten sind nicht zu erwarten”, sagte Stratege Thomas Altmann vom Handelshaus QC Partners. Aus Sicht von Ökonomen wird auf der letzten Sitzung vor der Sommerpause weder der Leitzins angetastet, noch das Volumen der Wertpapierkäufe aufgestockt. Diskutiert werden könne aber, ob den Banken höhere Freibeträge bei den Strafzinsen gewährt werden sollen. Institute müssen bereits seit 2014 Strafzinsen zahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken. Ihren Zinsbeschluss will die Europäische Zentralbank (EZB) um 13.45 Uhr (MESZ) veröffentlichen.
Auf die Stimmung der Anleger drückten weiterhin die eskalierenden Spannungen zwischen den USA und China. US-Präsident Donald Trump schließt zusätzlich zu dem am Dienstag in Kraft getretenen Sanktionsgesetz gegen China weitere Maßnahmen gegen chinesische Regierungsbeamte nicht aus. Um die sogenannten Sicherheitsgesetze für Hongkong, Vorherrschafts-Ansprüche im Südchinesischen Meer, den Schutz der uigurischen Minderheit in China und andere Themen sind verbissen geführte Kontroversen ausgebrochen.
OPEC+-FÖRDERPLÄNE LASTEN AUF ÖLPREISEN
Ermutigende Nachrichten für die Märkte kamen aus China. Die dortige Wirtschaft erholte sich nach dem Schock des Coronavirus-Ausbruchs mit einer Wachstumsrate von 3,2 Prozent im zweiten Quartal stärker als erwartet. Immer mehr Unternehmen konnten nach dem Lockdown ihre Produktion wieder hochfahren. “Jetzt ist China aber darauf angewiesen, dass die produzierten Güter auch abgenommen werden”, sagte Stratege Altmann. Zudem gebe es noch einige Schwachstellen in der chinesischen Wirtschaft, etwa die gesunkenen Einzelhandelsumsätze, führten Commerzbank-Analysten aus.
Die Aussicht auf eine leichte Anhebung der Opec-Fördermengen lastete auf den Ölpreisen. Die Nordseesorte Brent verbilligte sich um ein halbes Prozent auf 43,59 Dollar je Fass. Der Preis für ein Fass US-Leichtöl WTI sank um 0,8 Prozent auf 40,89 Dollar. Wichtige Mitglieder der Opec und ihrer Verbündeten, die gemeinsam als Opec+ bezeichnet werden, wollen die beschlossenen Fördermengenkürzungen von 9,7 Millionen Barrel pro Tag (bpd) ab August auf 7,7 Millionen bpd lockern.
CORONAKRISE TRIFFT NORDEX UND HEINEKEN
Bei den Aktien stachen Zalando (DE:ZALG) nach einer Prognoseanhebung mit einem Plus von mehr als fünf Prozent heraus. Die flächendeckenden Geschäftsschließungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie haben Europas größtem Online-Modehändler einen Umsatzsprung beschert. Auch Wacker Neuson kommt glimpflicher durch die Krise als gedacht. Aktien des Baumaschinenherstellers legten 4,8 Prozent zu. Papiere des Laborausrüsters Sartorius zogen nach Anhebung der Jahresprognose um acht Prozent an und steuerten auf den größten Tagesgewinn seit drei Monaten zu.
Beim Windkraftanlagenhersteller Nordex (DE:NDXG) zogen sich Anleger hingegen zurück angesichts weggebrochener Bestellungen im ersten Halbjahr. “Die Aktien belastet der sehr schwache Auftragseingang”, sagte ein Händler. Die Papiere verloren bis zu 4,8 Prozent auf 8,90 Euro.
Dem niederländischen Bierbrauer Heineken setzte die Schließung von Restaurants und Bars zu. Der Nettoumsatz sank im ersten Halbjahr um 16,4 Prozent. Die Aktien gaben mehr als drei Prozent nach.