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Ex-VW-Chef Winterkorn in den USA im Dieselskandal angeklagt

Veröffentlicht am 04.05.2018, 15:09
Aktualisiert 04.05.2018, 15:10
© Reuters. Volkswagen's logos are pictured at the 45th Tokyo Motor Show in Tokyo, Japan
VOWG
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- von David Shepardson und Jan Schwartz und Andreas Cremer

Washington/Hamburg/Berlin (Reuters) - Volkswagen (DE:VOWG) will gerade in die Zukunft als "anständiges" Unternehmen starten, da taucht ein altes Gespenst wieder auf: der Dieselskandal.

Der frühere Konzernchef Martin Winterkorn wurde in den USA wegen seiner Rolle in der Affäre angeklagt. Die Staatsanwaltschaft in Detroit wirft ihm Verschwörung zur Täuschung der Behörden bei den Abgasmanipulationen vor. Beim weltgrößten Autobauer steigt nun die Angst vor weiteren Konsequenzen. "Das ist natürlich ein herber Schlag und trifft das Unternehmen in einer ganz kritischen Phase", sagte eine Person aus dem Umfeld der Konzernführung zu Reuters am Freitag. Erst am Vortag hatte der neue VW-Chef Herbert Diess vor den Aktionären angekündigt, den sogenannten "Kulturwandel" zu beschleunigen. Nur wenige Stunden später machten die US-Ermittler dann die Anklage gegen den einstigen Leitwolf von VW öffentlich. Eine Auslieferung muss der 70-Jährige nach Angaben des Bundesjustizministeriums aber nicht fürchten.

Ein politisches Thema ist der Fall Winterkorn schon jetzt, denn selbst US-Justizminister Jeff Sessions äußerte sich. Er erklärte schriftlich, die Vorwürfe zeigten, dass das System der Täuschung bis an die Spitze des Volkswagen-Konzerns reiche. Die Ermittler gehen davon aus, dass Winterkorn bereits im Mai 2014 über Unregelmäßigkeiten bei Dieselabgaswerten informiert wurde. Im Juli 2015 sei bei einem Treffen in der Wolfsburger Konzernzentrale im Beisein von Winterkorn und anderen VW-Managern über mögliche Konsequenzen beraten und schließlich vorgeschlagen worden, die Abschalteinrichtung in VW-Modellen nicht offenzulegen. Winterkorn habe diesem Vorgehen zugestimmt.

Der frühere Vorstandschef hat stets jede persönliche Verstrickung in den Abgasskandal bestritten. Dass es eine Software zur Manipulation von Dieselabgaswerten gebe, wisse er selbst erst seit September 2015. Damals war der Abgasskandal auf Druck der US-Umweltbehörden aufgeflogen. VW erklärte, man kooperiere weiter vollumfänglich mit den US-Justizbehörden.

WINTERKORN SCHWEIGT

Aus Winterkorns Umfeld erfuhr Reuters, dass der einstige Spitzenmanager zu den Vorwürfen vorerst schweigen will. Er verfolge die Entwicklung, die ihm auch persönlich zu schaffen mache, sagte ein Insider. Seine Anwälte würden sich voraussichtlich erst äußern, wenn die Ermittlungen in Deutschland abgeschlossen seien. Die Braunschweiger Strafverfolger gehen dem Verdacht des Betrugs und der Marktmanipulation gegen Winterkorn und andere Beschuldigte nach. Eine Auslieferung in die USA muss Winterkorn nicht befürchten, sollte er auf deutschem Boden bleiben. Deutsche Staatsangehörige würden nicht ausgeliefert, sagte ein Sprecher des Bundesjustizministeriums. Dem Vertrauten zufolge verzichtet Winterkorn, der in München lebt, im Moment auf Auslandsreisen. "Er ist in Deutschland und er bleibt sicherlich in Deutschland."

Eine Anklageerhebung in den USA wurde in Konzernkreisen schon länger für möglich gehalten. Winterkorn war bereits im Mai 2015 in einer Aktennotiz über eine US-Studie zu Unregelmäßigkeiten bei Abgaswerten von VW informiert worden. Ob er von der Notiz, die seiner umfangreichen Wochenendpost beigelegt war, tatsächlich Kenntnis genommen hat, ist jedoch nicht klar. Die Strafverfolger in Braunschweig erklärten, die Untersuchungen würden unverändert vorangetrieben. Es sei angedacht, den Anwälten im Sommer Akteneinsicht zu gewähren. Mit einem Abschluss der Betrugsermittlungen sei in diesem Jahr aber nicht zu rechnen.

ANWÄLTE WITTERN MORGENLUFT

Die US-Klage wirft nach Meinung von Anwälten, die Volkswagen auf Schadenersatz verklagt haben, die Frage neu auf, ob nur Mitarbeiter unterhalb des Vorstands von den Manipulationen wussten. Aus der Zeit, als der Dieselskandal im Herbst 2015 bekannt wurde, sind noch drei Manager in führenden Positionen: Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der damals Finanzvorstand war, der neue Konzernchef Diess, der im Juli 2015 in Wolfsburg als VW-Markenchef anfing, und Audi-Chef Rupert Stadler. Nach Darstellung von Volkswagen wurde die Entscheidung zur Einführung der Abschalteinrichtung 2006 unterhalb der Vorstandsebene getroffen.

© Reuters. Volkswagen's logos are pictured at the 45th Tokyo Motor Show in Tokyo, Japan

Der Tübinger Rechtsanwalt Andreas Tilp hat Zweifel. Er vertritt die Dekabank als Musterklägerin vor dem Oberlandesgericht Braunschweig und meint, es gab "seit 2006 eine Verschwörung, in die Winterkorn involviert war". Er gehe davon aus, dass dem Detroiter Gericht Dokumente vorliegen, die Winterkorns Verwicklung in den Dieselskandal belegen. "Sonst hätte der Richter die Anklage nicht um Winterkorn erweitert und zugelassen." Die Kläger werfen Volkswagen vor, sie zu spät über den Einsatz der Software zur Abgasmanipulation informiert zu haben. Nach Bekanntwerden des Skandals stürzte die VW-Aktie ab. Allein in Braunschweig sind mehr als 1600 Anlegerklagen im Gesamtvolumen von rund neun Milliarden Euro anhängig.

"Es ist doch völlig klar, dass die Investorenkläger auch hier in Deutschland jetzt versuchen werden, aus den Anschuldigungen gegen Winterkorn Honig zu saugen", sagte die Person aus dem Umfeld der Konzernführung. Volkswagen müsse jetzt dringend die von Diess angekündigte neue Konzernstruktur umsetzen und sich verstärkt den operativen Herausforderungen widmen. "Gleichzeitig herrscht aber auf vielen Ebenen neue und zum Teil große Verunsicherung, wie sich der Wandel auch auf die eigene berufliche Position auswirkt."

Der Dieselskandal wurde im September 2015 von den US-Umweltbehörden bekannt gemacht. VW gab daraufhin zu, Abgaswerte mit einer illegalen Abschalteinrichtung manipuliert zu haben. Volkswagen bekannte sich in den USA für schuldig und akzeptierte eine milliardenschwere Strafe sowie Wiedergutmachungen an Kunden und Behörden. Einschließlich weiterer Rückstellungen kostet der Skandal die Wolfsburger bisher fast 26 Milliarden Euro.

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