Bei den Aktien der größten amerikanischen Technologieunternehmen wird oft der Vergleich mit dem Neuen Markt angestellt. Dabei sind die heutigen Big-Tech-Firmen überhaupt nicht mit ihren Pendants zum Beginn des neuen Jahrtausends vergleichbar. Die großen US-Konzerne verfügen über marktbeherrschende Stellungen und die Finanzkennzahlen sind mit das Beste, was es auf der Welt gibt. Dagegen erinnern die Entwicklungen in der Wasserstoff-Branche viel stärker an die Wirrungen von damals.
Die Aktienkurse erreichen trotz der Korrektur im aktuellen Jahr noch immer schwindelerregende Bereiche. Die Geschäftsmodelle der Unternehmen sind vage und basieren auf viel Fantasie. Ganz zu schweigen von den Geschäftszahlen, die vor allem von hohen Verlusten geprägt sind.
Skalierbarkeit am Beispiel Plug Power (NASDAQ:PLUG) Plug Power (WKN: A1JA81) hat jüngst Geschäftszahlen für das zweite Quartal veröffentlicht. Die Wall Street hat die Zahlen aufgrund eines Umsatzsprungs im Vergleich zum Vorjahresquartal zunächst gefeiert, bevor die Aktie die Gewinne wieder abgeben musste. Das positive Bild in der Berichterstattung war auch nicht die ganze Wahrheit. Während letztes Jahr noch fast die Umsatzkosten gedeckt waren, hat man dieses Jahr für die Umsatzsteigerung ganz schön draufgezahlt. Die Bruttomarge beträgt im zweiten Quartal 2021 -32 %.
Mir ist nicht klar, wie hier in den nächsten Jahren der Sprung in die Profitabilität gelingen soll. Aktuell sieht es so aus, dass Plug Power für zusätzlichen Umsatz in die eigene Tasche greifen muss. Hier liegt ein Unterschied zu Software-Unternehmen, die in der Regel hohe Bruttomargen erzielen und mit zunehmender Skalierung ihre fixen operativen Kosten immer besser decken. Bei Plug Power fehlt mir hierfür die Fantasie, da dem Unternehmen diese Skalierbarkeit offensichtlich fehlt.
Aktionäre als Melkkühe Aktuell ist eine Sache in der Bilanz von Plug Power aber beruhigend, die große Cash-Position. Diese hat allerdings mit der operativen Entwicklung wenig am Hut. Stattdessen ist es gelungen, mit der Story über die glorreiche Zukunft von Wasserstoff viel Kapital einzuwerben. Tatsächlich waren im zweiten Quartal 2021 fast 80 % mehr Aktien ausstehend als im Vorjahresquartal. Es sollte die Anleger stutzig machen, wenn es ein Management vorzieht, sich seine Bilanz mit so viel in der Theorie teurem Eigenkapital vollzupumpen. Das erinnert tatsächlich an den Neuen Markt.
Am Beispiel von Plug Power sieht man schön einige Entwicklungen bei Aktien mit Wasserstoff, die zumindest hinterfragt werden sollten. Das Unternehmen ist dank der Kapitalerhöhungen zwar solide finanziert, aber eine Skalierung mit negativer Bruttomarge führt trotzdem früher oder später in den Ruin. Dazu ist es fraglich, ob sich Wasserstoff überhaupt durchsetzen wird. Und wenn ja, wird Plug Power ein großer Player sein? Wo ist der Burggraben, der das Unternehmen vor der Konkurrenz schützt?
Florian Hainzl besitzt keine der erwähnten Aktien. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2021