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Goldman Sachs: Tech-Titel sind out - Jetzt schlägt die Stunde der Value-Aktien

Veröffentlicht am 16.10.2020, 11:15
© Reuters.
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Von Robert Zach 

Investing.com - Growth- bzw. Tech-Aktien waren die Gewinner der Corona-Krise. Seit den Tiefs im März schossen die Titel, die mit überproportionalen Renditen fürs Portfolio locken, um knapp 70 Prozent in die Höhe. Die Pendants zu den Highflyern sind die so genannten Value-Aktien, die u.a. ein leicht verständliches und bewährtes Geschäftsmodell besitzen, aber weniger spektakulär wachsen wie Growth-Titel. Das spiegelt sich auch in deren Performance wider, die sich zwar sehen lassen kann, aber im Vergleich zu den hochbewerteten Wachstumsaktien seit den Corona-Tiefs im März ihren Aktionären gerade einmal halb so viel Rendite eingebracht haben. Es ist die größte Outperformance von Growth im Vergleich zu Value seit mindestens 45 Jahren (ytd). 

Jetzt glauben jedoch die Strategen von Goldman Sachs (NYSE:GS), dass diese Outperformance der Growth-Aktien, zu denen überwiegend Unternehmen aus dem Technologie-Bereich gehören, vorübergehend beendet sei. Der Grund? Änderungen in der politischen und wirtschaftlichen Landschaft sollen das Pendel zugunsten von Zyklikern und Value-Aktien umschwenken lassen. 

"In den nächsten Monaten erwarten wir einige politische und wirtschaftliche Veränderungen, die eine vorübergehende Rotation unterstützen. Und diese Rotationen können ziemlich umfangreich sein", zitierte Bloomberg die Strategen.

Ob ein solches Szenario am Ende tatsächlich eintritt, darf zumindest angezweifelt werden. Schließlich performt Growth bereits seit mehr als einem Jahrzehnt besser als Value. Während der Vanguard Value Index Fund ETF (NYSE:VTV) in den letzten zwölf Jahren auf ein ordentliches Plus von 218 Prozent kommt, sind das im Vergleich zum Vanguard Growth Index Fund ETF (NYSE:VUG) Peanuts, der über 530 Prozent hinzugewonnen hat. Hinzu kommt, dass Value von Januar 2018 bis zum Ausbruch der Corona-Krise in einer eng abgesteckten Range handelte und dann in einen Abwärtstrend stürzte, den diese Aktiengruppe, die eng mit dem Konjunkturzyklus korreliert, zwar wieder egalisieren konnte, aber jetzt erneut im Mittelpunkt der Range feststeckt.

Wie die Analysten von Goldman Sachs meinen, bringen steigende Anleiherenditen, die Erwartung von mindestens einer Corona-Impfstoffzulassung in diesem Jahr und das Potenzial einer Blauen Welle bei den US-Präsidentschaftswahlen am 3. November (Beschluss eines 2,2 Billionen Dollar schweren Konjunkturpakets), die werthaltigen Aktien, mit denen übrigens auch der Starinvestor Warren Buffett sein Geld gemacht hat, in die Pole Position. Technologieaktien (NYSE:XLK), die den Markt so geradlinig durch die Covid-Pandemie nach oben manövriert haben, sollen dagegen vorübergehend weniger stark performen, so das Team um Goldman-Sachs-Chefstratege Peter Oppenheimer Donnerstag.

Warum nur vorübergehend? Die Gründe, warum Unternehmen, deren Umsätze oder Gewinne seit dem Ende der großen Finanzkrise schneller als der Durchschnitt gewachsen sind, gelten nach wie vor, räumt das Goldman-Team ein. Der größte Teil der Welt befindet sich in einem Umfeld mit geringem Wachstum, niedriger Inflation und niedrigen Zinssätzen. "Der Mangel an Wachstum bedeutet, dass Investoren bereit sind, einen hohen Aufschlag für stabiles, gesichertes Wachstum in den wenigen Bereichen zu zahlen, die es bieten", schreiben sie.

In einem Umfeld, in dem sich das Wirtschaftswachstum erholt und die Anleiherenditen steigen, outperformten zyklische Aktien traditionell Wachstums oder wachstumsdefensive Werte um bis zu 15 Prozent. In den Jahren seit der Finanzkrise habe es fünfzehn solcher Perioden gegeben, die im Durchschnitt vier Monate anhielten. Gleichwohl begünstigen die säkularen Trends nach wie vor Wachstums- oder wachstumsdefensive Aktien.

"Eine medizinische Lösung sollte den Weg zur wirtschaftlichen Normalisierung beschleunigen, was unserer Meinung nach die Ertragslage und die zyklischsten Marktsegmente nach oben bringen sollte", schreiben die Analysten. "Diese potenzielle Verbesserung des Wirtschaftswachstums sollte die Inflation ankurbeln und die längerfristigen Zinsen erhöhen".

Sie erwarten, dass "große Teile der US-amerikanischen und der europäischen Bevölkerung bis zum Ende des zweiten bzw. des dritten Quartals 2021 geimpft sein werden" und gehen davon aus, dass ein Impfstoff das Wirtschaftswachstum in den USA um 3 Prozent und in Europa um 2 Prozent steigern wird.

Diese Art von Wachstum ist weitgehend in den Aktienmärkten eingepreist, schreibt Goldman. Noch nicht berücksichtigt wurde, welche Sektoren davon profitieren werden.

"Wenn der Markt tatsächlich einen baldigen Impfstoff und eine rasche Erholung einpreist, dann glauben wir, dass er dies in den falschen Marktsegmenten einpreist“, meinen die Analysten. Daher erwarten sie eine teilweise Umkehr der Trades, die während der Corona-Krise so herausragende Renditen abgeworfen haben.

In der Konsequenz reduzierte Goldman Sachs seine Empfehlung für Technologieaktien auf "Neutral". Das Gleiche gilt für Chemie-, Finanzdienstleistungs-, Industriegüter-, Versicherungs-, Medien-, Immobilien-, Reise- und Freizeit- sowie Versorgeraktien (NYSE:XLU). 

Auf "Übergewichten" wurden dagegen Aktien aus den Sektoren Autos, Banken, Basismaterialien (NYSE:XLB), Konstruktion, Konsumgüter- und Dienstleistungen, Energie (NYSE:XLE), Healthcare (NYSE:XLV), zivile Luftfahrt, Luxusgüter und erneuerbare Energien gestuft. 

"Wir stufen Technologie herab, um unserer Erwartung einer kurzfristigen Rotation hin zu Value gerecht zu werden“, schreiben die Experten. "Der Bankensektor ist der empfindlichste Sektor für Zinsen und Wachstum. Trotz der niedrigen Renditen in den letzten Jahren glauben wir, dass dieser Sektor außergewöhnlichen Wert bietet“.

Für Titel aus dem Lebensmittel-, Getränke-, Tabak-, Einzelhandels- und Telekommunikationssektor wurde der Ausblick auf „Untergewichten“ gesenkt.

Citigroup (NYSE:C) stößt ins gleiche Horn

Die Citigroup sieht es ähnlich wie Goldman Sachs. Laut den Analysten sei die Zeit jetzt endlich reif für eine große Rotation in Value-Aktien. sagt Alexander Altmann, Leiter US-Aktienhandelsstrategie bei Citi.

"Value hat in den sechs Monaten nach der Wahl immer recht gut abgeschnitten", sagte Alexander Altmann, Leiter US-Aktienhandelsstrategie, im Gespräch mit Bloomberg. Seine positive Einstellung zu Substanzwerten sei keine spontane Entscheidung - seit Mai habe er eine Vorliebe für Aktien aus dem Bereich Value. "Das Ausmaß der Performance war allerdings abhängig vom jeweiligen Wahlergebnis", erklärte er.

Der Grund: Ein Regierungswechsel, der größere politische Umwälzungen auslöst, kann einen Regimewechsel auf den Märkten in Gang setzen. Angenommen, Joe Biden erobert das Weiße Haus, und die Demokraten erringen die Mehrheit in beiden Kammern, "dann sollten wir eine signifikante Rotation am Markt sehen", erklärte er.

MarketWatch-Kolumnist Michael Brush sieht das genauso. "Value Investing, das jahrelang verteufelt wurde, ist im Begriff, wieder in Mode zu kommen", prophezeit er und argumentiert, die Geschichte lege nicht weniger nahe. "Wahlen bewirken seit langem wahre Wunder für Value-Aktien, die im Vergleich zu den Geschäftsaussichten als niedrig bewertet werden", so Brush. Unter Verweis auf Recherchen aus dem Bear Traps Report schreibt er, dass Substanzwerte sechs Monate lang nach jeder Präsidentschaftswahl seit 1980 die Growth-Aktien outperformt haben.

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