von Robert Zach
Investing.com - Die schwersten Verluste seit 1970 für den S&P 500 und 1962 für den Dow Jones in einem ersten Halbjahr stellen nach Ansicht von Goldman Sachs (NYSE:GS) noch keine Kaufgelegenheit dar. Vielmehr müssten sich die Börsianer auch in der zweiten Jahreshälfte auf Verluste einstellen. Geduld ist daher gefragt.
Goldman Sachs sei weiterhin "relativ defensiv" positioniert, was sich in einer Untergewichtung im Bereich Credit, einer neutralen Gewichtung im Bereich Anleihen und Aktien sowie einer Übergewichtung in Cash und Rohstoffen widerspiegele, so Stratege Christian Mueller-Glissmann in einer Studie.
"Solange sich der Mix aus Wachstum und Inflation nicht bessert, geht das Auf und Ab an den Börsen vor dem Hintergrund der Inflations- und Rezessionsängste der Marktteilnehmer weiter. Mit Blick auf die nächsten 12 Monate suchen wir aber nach Gelegenheiten, das Risiko wieder hochzufahren. Obwohl die Wahrscheinlichkeit einer Rezession zugenommen hat, gehen wir von keiner tiefen oder lang anhaltenden Rezession aus", glaubt Mueller-Glissmann.
Nach Ansicht des Strategen sei noch keine "vollständige Kapitulation" in allen von Goldman Sachs beobachteten Indikatoren zu erkennen, wenngleich die Positions- und Sentiment-Indikatoren bereits heute extrem bearish seien.
Dennoch sieht er das Risiko für die Aktienmärkte weiterhin als erhöht an. Diese würden derzeit "nur eine leichte Rezession einpreisen". Er verwies auf den Umstand, dass "ein großer Teil des Bewertungsabschlags seit Jahresanfang auf höhere Zinsen bzw. auf die Inflation zurückzuführen war."
"Solange die Anleiherenditen nicht fallen und den Anstieg der Aktienrisikoprämie aufgrund von Rezessionsängsten nicht auffangen, könnten die Aktienbewertungen weiter nach unten gehen. Außerdem werden die Gewinnrevisionen im zweiten Halbjahr wahrscheinlich negativ ausfallen", erkläre der Börsenexperte.
Auf die Frage, wann denn der richtige Moment sei, um Aktien zu kaufen, meinte der Goldman Sachs-Stratege, dass ein Inflationsgipfel die Straffung durch die Zentralbanken abschwächen könnte. Gleichwohl würde sich in einem solchen Szenario der Aktienmarkt nur dann erholen, wenn es gelänge, eine Rezession abzuwenden.
Zuletzt hatten sich gleich mehrere Investmentbanken zurückhaltend zu den Aussichten für Aktien geäußert. Zu ihnen gehörte auch BlackRock (NYSE:BLK), der größte Vermögensverwalter der Welt. Taktisch ist der ETF-Gigant gegenüber Aktien der Industrieländer weiterhin neutral eingestellt, stuft sie aber aus strategischer Sicht mit "Overweight" ein.
"Im Rahmen unserer strategischen Überlegungen sind wir in Aktien übergewichtet, haben aber unsere Gesamtgewichtung reduziert, weil ihre relative Attraktivität gegenüber Anleihen abgenommen hat", so das Expertenteam unter Leitung von CIO Wei Li.
"Unter taktischen Gesichtspunkten bewerten wir DM-Aktien neutral. Grund dafür ist das erhöhte Risiko, dass die Zentralbanken ihre Geldpolitik zu sehr straffen, sowie ein sich verschlechterndes Wachstumsumfeld in China und Europa", fügte sie hinzu.
Übergewichtet bleibt BlackRock hingegen bei inflationsgeschützten Anleihen, den so genannten TIPS (NYSE:TIP). Hintergrund sind die sich eintrübenden Konjunkturaussichten aufgrund der hawkishen Wende der Fed, des Rohstoffpreisschocks und der Wachstumsverlangsamung in China.