Investing.com – Die Fronten im Technologiewettbewerb zwischen den USA und China verhärten sich, doch chinesische Geschäftemacher haben bereits Wege gefunden, die strikten US-Exportverbote für hochmoderne KI-Chips effektiv zu umgehen.
Laut einem Bericht des Wall Street Journal nutzen chinesische Unternehmen ausgeklügelte Methoden, um weiterhin Zugang zu den fortschrittlichsten amerikanischen Chips zu erhalten, ohne diese direkt nach China importieren zu müssen.
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Der frühere Bitcoin-Miner Derek Aw wirkt dabei als zentraler Akteur. Berichten zufolge überzeugte Aw Investoren in Dubai und den USA, KI-Server mit den leistungsstarken H100-Chips von Nvidia (NASDAQ:NVDA) zu finanzieren. Diese Server wurden in ein Rechenzentrum im australischen Brisbane gebracht und nur wenige Wochen später begann die Verarbeitung von AI-Algorithmen für ein Unternehmen in Peking.
Aw betont, dass die Nachfrage groß sei und dort, wo Nachfrage besteht, auch das Angebot folge. Laut Wall Street Journal wird die Praxis, Rechenleistung anzumieten, nicht nur von chinesischen Unternehmen genutzt. Zwar haben US-Cloud-Dienstleister wie Google (NASDAQ:GOOGL) Cloud und Microsoft (NASDAQ:MSFT) Azure strikte "Know Your Customer"-Richtlinien, doch das hindert chinesische Kunden nicht daran, auf internationalen Plattformen Rechenleistung zu erwerben.
Der Einsatz von "Smart Contracts" und Kryptowährungen erhöht die Anonymität dieser Transaktionen. Das Wall Street Journal berichtet, dass Käufer und Verkäufer von Rechenleistungen die Blockchain zur Abrechnung nutzen, wodurch ihre Identitäten verschleiert werden. Aw selbst gab zu, dass er die wahre Identität der Käufer häufig nicht kenne.
Zusätzlich agieren viele dieser chinesischen Firmen über Tochtergesellschaften in Singapur oder anderen Ländern, was die Rückverfolgbarkeit und die Einhaltung von Exportkontrollen weiter verkompliziert. Ein dezentralisierter GPU-Anbieter, io.net, bewirbt in seiner Nutzeranleitung ausdrücklich, dass er keine "Know Your Customer"-Einschränkungen auferlegt, was den Zugang zu GPU-Kapazitäten binnen Sekunden ermöglicht.
Das Wall Street Journal berichtet weiter, dass Aw derzeit weitere Investitionen aus Saudi-Arabien und Südkorea anwerbe, um ein neues Cluster von Nvidia's neuesten Blackwell-Chips für eine Singapurer Firma mit chinesischer Muttergesellschaft zu errichten. Aw betonte, dass rechtlich betrachtet alle beteiligten Firmen aus Singapur stammen und somit keine US-Exportkontrollen verletzt würden.
Doch was bedeutet diese Umgehungsstrategie für die globalen Spannungen zwischen den USA und China? Kritiker sehen darin eine eklatante Verletzung des Geists der Exportkontrollen, die darauf abzielen, die technologische Überlegenheit der USA zu schützen und Chinas Zugang zu kritischer Technologie zu beschränken. Befürworter hingegen argumentieren, dass Marktbedürfnisse stets kreative Lösungen finden und dass solche Maßnahmen die Innovationskraft und Zusammenarbeit fördern könnten.
Indessen steigt der Druck auf US-Behörden, diese Lücken zu schließen und ihre Exportkontrollmechanismen zu verschärfen. Doch solange solche Praktiken fortbestehen, bleibt die Frage offen: Kann der Technologiewettbewerb zwischen den USA und China überhaupt fair geführt werden oder erleben wir lediglich einen weiteren Akt in einem endlosen Wettlauf um die technologische Vorherrschaft?