Der Contrarian-Ansatz funktioniert für einige Investoren. Aktien zu kaufen, die Probleme erkennen lassen und dadurch fundamental günstig am Boden liegen, ist ein Weg, wie man Erfolg an der Börse haben kann. Wobei Investoren sehr gut selektieren können müssen zwischen kleineren, aber meisterbaren Baustellen und den existenziellen Dingen, die eine Investitionsthese zerstören.
Warren Buffett wird häufig als Investor mit einem Contrarian-Ansatz bezeichnet. In der Tat kauft er Unternehmen gerne, wenn sie aufgrund kleinerer Probleme am Boden liegen und günstig sind. Allerdings ist das unternehmensorientierte Investieren eher sein Ansatz, was auch seine jüngsten Käufe zeigen.
Ich selbst habe ein Kernproblem mit einem knallharten Contrarian-Ansatz. Das möchte ich heute einmal etwas näher thematisieren.
Der Contrarian-Ansatz: Probleme und sie lösen können Das, was diesen Ansatz ausmacht, ist eben das Investieren in Aktien, die gewisse Probleme haben. Ob die Baustellen lösbar sind oder nicht, das mag man unterschiedlich bewerten. Wenn sie lösbar sind, winkt in der Regel eine hohe, marktschlagende Rendite durch den Turnaround der jeweiligen Aktie. So weit, so gut in der Theorie.
Mein Problem mit dem Contrarian-Ansatz ist jedoch: Ich kann an der Lösung des Problems nicht mitwirken. Als kleiner Privatinvestor ist mein Einfluss zu gering und faktisch nicht vorhanden, was das Operative und das Strategische angeht. Vergleiche mit aktivistischen Investoren wie Carl Icahn sind kaum möglich. Schließlich investieren sie viel größer, was ihnen mehr Möglichkeiten eröffnet.
Im Endeffekt offenbart der Vergleich mit Icahn meine Kernkritik. Während dieser institutionelle Großinvestor seine Beteiligungen aktiv angehen kann, muss ich als Privatinvestor darauf vertrauen, dass die Probleme lösbar sind für das Management. Das ist ein bedeutender Unterschied. Wobei selbst meine mögliche Lösung nicht einmal die des Managements sein muss.
In Aktien mit Problemen zu investieren basiert daher insbesondere auf dem Vertrauen in das Management. Oder: In die gleichen Funktionäre, unter denen Probleme teilweise entstanden sind. Für mich ist ein Contrarian-Ansatz daher nichts.
Da investiere ich lieber anders! Anstatt daher einem Contrarian-Ansatz zu folgen, investiere ich lieber anders. Mein Weg ist es eher, in spannende, gut geführte Erfolgsgeschichten mit reichlich Wachstumspotenzial zu investieren. Dort müssen kaum größere Probleme lösbar sein, damit die Aktien starke Renditen generieren. Der Aktienkurs mag zwar volatil sein. Aber häufig hat die Historie gezeigt, dass das Management in Summe die richtigen Entscheidungen getroffen hat.
Natürlich steht es jedem offen zu investieren, wie es ihm beliebt. Ein Contrarian-Ansatz mit den Problemen und der Frage der Lösbarkeit steht bei mir jedoch nicht auf dem Programm. Eben weil ich keine Optionen habe, an der Baustelle mitzuwirken.
Der Artikel Mein großes Problem mit dem Contrarian-Ansatz ist zuerst erschienen auf The Motley Fool Deutschland.
Motley Fool Deutschland 2022