Frankfurt (Reuters) - Der überraschende Erfolg eines Fruchtbarkeitsmittels in den USA treibt Merck (DE:MRK) an.
Der Pharma- und Chemiekonzern hob am Donnerstag seine Gewinn- und Umsatzprognose für das Gesamtjahr an und peilt damit weitere Rekordwerte an. Produktionsprobleme bei Konkurrenzprodukten ließen den Umsatz mit der Hormonspritze Gonal-f, die seit mehr als 20 Jahren auf dem Markt ist, um fast ein Viertel nach oben schnellen. Dies half den Darmstädtern neben der größten Übernahme in der Firmengeschichte zu einem Erlösplus im zweiten Quartal von rund 18 Prozent auf 3,8 Milliarden Euro. Wie lange die positiven Effekte bei Gonal-f anhielten, sei noch unklar, sagte der neue Merck-Chef Stefan Oschmann.
Fürs Gesamtjahr hob Oschmann, der Ende April den langjährigen Vorstandschef Karl-Ludwig Kley an der Spitze des Konzerns mit 50.000 Mitarbeitern ablöste, die Umsatzerwartungen um 100 Millionen Euro auf 14,9 bis 15,1 Milliarden Euro an. Beim bereinigten Betriebsgewinn (Ebitda) geht er nun von 4,25 bis 4,4 Milliarden nach bislang 4,1 bis 4,3 Milliarden Euro aus. Bereits 2015 hatte Merck (NYSE:MRK) dank der 17 Milliarden Dollar schweren Übernahme des US-Laborausrüsters Sigma-Aldrich ein Rekordergebnis eingefahren. Der Zukauf schob das bereinigte Ergebnis im Life-Science-Bereich, der Produkte für Labore und die Pharmaproduktion anbietet, von April bis Juni um mehr als das Doppelte auf 417 Millionen Euro an. Der Gesamtkonzern kam auf knapp 1,16 Milliarden Euro, ein Plus von fast 29 Prozent und damit mehr als Analysten erwartet hatten.
WÄHRUNGSEFFEKTE MACHEN TROTZDEM ZU SCHAFFEN
Negative Währungsschwankungen vor allem in Lateinamerika verhinderten, dass der Umsatz zuletzt deutlicher zulegte. Das spürte am stärksten die Pharmasparte - der weiterhin erlösstärkste Geschäftsbereich. In diesem will Merck nach einer längeren Durststrecke nun wieder mit neuen Medikamenten punkten. In den USA wolle das Unternehmen im laufenden Quartal die Zulassung für die Krebsimmuntherapie Avelumab zur Behandlung des metastasierten Merkelzellkarzinoms einreichen, kündigte Oschmann an. In Europa stehe dies Ende des Jahres an. Bei seinen bislang umsatzstärksten Medikamenten, dem Multiple-Sklerose-Mittel Rebif und dem Krebsmedikament Erbitux, musste Merck im zweiten Quartal zwar Umsatzrückgänge verkraften, allerdings nicht soviel wie von Analysten befürchtet.
Im Geschäft mit Spezialchemikalien wie etwa mit Flüssigkristallen für Flachbildschirme oder Pigmenten für Lacke und Kunststoffe, dem zwar kleinsten aber profitabelsten Unternehmensbereich, sank das Ergebnis. Dort setzt Merck immer noch ein Lagerabbau bei Kunden aus der Display-Industrie zu. Derzeit gebe es keine Pläne, sich von Bereichen zu trennen, sagte Oschmann. Zugleich seien keine größeren Zukäufe für die nächsten zwei Jahre geplant.
An der Börse fiel die Merck-Aktie um bis zu 3,1 Prozent auf 95,21 Euro und zählte damit zu den größten Verlierern im Dax. Ein Händler begründete dies mit Gewinnmitnahmen, nachdem bereits im Voraus mit einer Prognoseanhebung gerechnet worden war.