Die amerikanische Wortkombination Fintech stammt aus den beiden Wörten Financial und Technology. Der Name beschreibt schon ziemlich genau, worum es in dem Wortspiel geht: Um Unternehmen aus der Finanzbranche, die Technologien einsetzen, um ihre Geschäftsprozesse zu optimieren.
Dabei können solche Fintechs disruptiven Charakter haben – also Geschäftskonzepte, die alte Vorgehens- und Verhaltensweisen eliminierend verändern. Ein Beispiel wäre hier die Nutzung von Bargeld, das von elektronischen Zahlungsvorgängen abgelöst wird.
Für etablierte Unternehmen der Branche kann es brandgefährlich werden, wenn man solche Trends verschläft und die neuen Wettbewerber groß werden lässt. Für die Eroberer hingegen ergeben sich brillante Geschäftsaussichten mit fantastischen Wachstumsraten – ein ideales Terrain für Wachstumsinvestoren.
Leider gibt es am deutschen Kapitalmarkt wenig Unternehmen mit disruptivem Charakter. Wer in Fintechs investieren wollte, der schaute gern mal ins Ausland nach China oder in die USA. Auch Warren Buffett’s Berkshire Hathaway (NYSE:BRKa) hat in ein indisches Fintech bereits investiert.
Zwei höher kapitalisierte Unternehmen aus Deutschland, die ich noch als Fintech durchgehen lassen würde, sind Wirecard (WKN: 747206) und Hypoport (WKN: 549336). Lasst uns einmal die Aussichten der beiden Unternehmen prüfen und überlegen, ob sie für einen Fool ein spannendes Investment sein könnten.
1) Wirecard Das Unternehmen Wirecard ist ein weltweit führender unabhängiger Anbieter von Outsourcing- und White-Label-Lösungen für den elektronischen Zahlungsverkehr.
Das im TechDAX gelistete Unternehmen generierte im Geschäftsjahr 2018 Umsatzerlöse in Höhe von 2,02 Mrd. Euro. Als Jahresüberschuss verblieben von diesem Wert 347,4 Mio. Euro.
Im Vorjahr 2017 wurden noch Umsatzerlöse im Wert von 1,49 Mrd. Euro bei einem Jahresüberschuss von 256,1 Mio. Euro erzielt. Das Umsatzwachstum belief sich auf 35,4 %, der Jahresüberschuss konnte um 35,7 % erhöht werden.
Auch im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2019 scheint die Umsatzdynamik anzuhalten. So wurde ein Anstieg des Konzernumsatzes von 34,8 % ausgewiesen, das Ergebnis nach Steuern erhöhte sich sogar um 50 %.
Die aktuelle Geschäftssituation stimmt auch den Vorstand optimistisch, der mit dem letzten Quartalsbericht seine Gesamtjahresprognose für das EBITDA (Ergebnis vor Zinsen, Steuern, Abschreibungen und Amortisationen) angehoben hat. Es wird nun ein EBITDA von 760 bis 810 Mio. Euro erwartet. Die bisherige Prognose lag bei 740 bis 800 Mio. Euro.
2) Hypoport Die im SDAX gelistete Hypoport ist nach eigenen Angaben ein Netzwerk von Technologieunternehmen für die Kredit-, Immobilien- und Versicherungswirtschaft.
Im vergangenen Geschäftsjahr 2018 erzielte das Unternehmen auf Konzernebene Umsatzerlöse von 266 Mio. Euro und ein EBIT von 29,3 Mio. Euro. Gegenüber dem Vorjahr belief sich das Umsatzwachstum hier auf 36,5 %. Das EBIT erhöhte sich mit 25,6 % etwas schwächer.
Auch im ersten Quartal des Geschäftsjahres 2019 scheinen die Geschäfte weiter rundzulaufen. Der Umsatz erhöhte sich um satte 31 %. Das EBIT konnte aber nur um 6 % gesteigert werden.
Für das Gesamtjahr 2019 sieht der Vorstand weiteres Potenzial. Geplant ist, den Konzernumsatz auf einen Wert zwischen 310 und 340 Mio. Euro zu erhöhen und dabei ein EBIT im Wert von 32 bis 40 Mio. Euro zu erzielen.
Sollten diese Prognosewerte tatsächlich eintreten, so würde dies im günstigsten Szenario ein Wachstum von rund 27,8 % für den Umsatz bedeuten. Die Erträge würden im besten Szenario auf Basis des EBIT-Wertes um circa 36,6 % zulegen.
Bewertungen
Unternehmen | P/E Ratio* | Bloomberg (BEst) P/E Ratio* | Bloomberg (BEst) PEG Ratio* | Price to Book Ratio* | Price to Sales Ratio* | Yield* |
Wirecard | 48,56 | 34,34 | 1,07 | 9,13 | 8,66 | 0,13 % |
Hypoport | 61,16 | 49,40 | – | 8,93 | 4,98 | – |
*Alle Werte wurden am 17.06.2019 nach Börsenschluss von Bloomberg entnommen. |
Die Wachstumsdynamik scheint auch im ersten Quartal 2019 nicht nachzulassen und die Prognosen für das Gesamtjahr 2019 sehen bei beiden Unternehmen relativ gut aus.
Bei Wirecard fällt das Wachstum jedoch einen Tick besser aus und das, obwohl die Umsatz- und Ertragsbasis höher ist. Auch kommen hier die Skaleneffekte besser zum Vorschein als bei Hypoport.
Bei den Bewertungen, gemessen an den Kursgewinnverhältnissen (P/E Ratio) erscheint Wirecard ebenfalls etwas günstiger. Man muss allerdings auch bedenken, dass es hinsichtlich der Bilanzierungspraxis einige Kritik vonseiten der „Financial Times“ gab, die Investoren stark verunsicherte.
Frank Seehawer besitzt Aktien der Wirecard. The Motley Fool besitzt keine der erwähnten Aktien.
Motley Fool Deutschland 2019