PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die Anleger an Europas Börsen sind am Mittwoch wieder überwiegend risikoscheuer geworden. Ein Teil der kräftigen Vortagesgewinne an den Aktienmärkten wurde abgegeben. Der Optimismus über eine mögliche Deeskalation im russischen Krieg gegen die Ukraine schwindet. Zugleich stiegen die Ölpreise wieder kräftig.
Der EuroStoxx 50 beendete den Handel mit minus 1,08 Prozent auf 3959,14 Punkte, nachdem der Leitindex der Eurozone tags zuvor um knapp 3 Prozent gestiegen war. Der französische Cac 40 gab um 0,74 Prozent auf 6741,59 Punkte nach, während der stark mit Rohstoff- und Ölaktien (NYSE:XLE) bestückte britische FTSE 100 um 0,55 Prozent auf 7578,75 Punkte zulegte.
Die große Hoffnung vom Vortag über mögliche Fortschritte in Richtung einer Lösung des Ukraine-Konflikts wich einer realistischeren Einschätzung. "So lange keine Verträge durch Russland und die Ukraine unterschrieben worden sind, dürfte das Thema weiterhin für hohe Schwankungen sorgen", mahnte Marktexperte Andreas Lipkow von Comdirect.
Zudem überdecke die jüngste Erholung die eingetrübte Lage an den Börsen. "Es bleiben weiterhin große Risiken durch die hohen Rohstoffkosten und die sich abschwächende Konjunktur in Europa bestehen", sagte Lipkow. "Die Gemengelage hat sich in den letzten Handelswochen eingetrübt, und das wird derzeit von den Marktteilnehmern nicht vollends wahrgenommen."
Wie so oft in den vergangenen Wochen brachte der Vorzeichenwechsel bei den Indizes auch Favoritenwechsel in den Branchen mit sich. Am Vortag die einzigen Verlierer im sehr starken Börsenumfeld, zählten der Bergbausektor mit plus 2,4 Prozent sowie die Öl- und Gasbranche mit plus 3,3 Prozent nun zu den mit Abstand deutlichsten Gewinnern.
Angesichts des starken Preisrückgangs um zeitweise mehr als zehn Prozent in dieser Woche seien die Aussichten, dass die Opec+ bei ihrem Treffen an diesem Donnerstag eine stärkere Produktionserhöhung beschließe, noch geringer geworden, merkte Analyst Carsten Fritsch von der Commerzbank (DE:CBKG) an. "Denn die Gruppe dürfte sich dadurch in ihrer Auffassung bestätigt fühlen, dass der Ölpreis vor allem durch geopolitische Risiken nach oben getrieben wurde und nicht durch einen tatsächlichen Angebotsengpass."
Bankaktien (NASDAQ:KBWB) standen dagegen trotz guter Nachrichten unter Druck. Die Schweizer Großbank UBS (SIX:UBSG) legte nach ihrem Gewinnsprung im vergangenen Jahr ein neues Programm zum Aktienrückkauf auf und will eigene Anteile im Wert von bis zu sechs Milliarden US-Dollar erwerben. Da das aber nicht überraschend kam, reagierte der Kurs nicht positiv. Die Aktie gab ähnlich wie der gesamte Sektor um 1,5 Prozent nach.
Die Pharmabranche war wie andere defensive Branchen gefragt und legte um 0,6 Prozent zu. Roche (SIX:RO) -Anteile scherten dabei mit einem Minus von 0,5 Prozent aus. Der Schweizer Pharmakonzern erlitt mit seinem neuartigen Krebs-Therapeutikum Tiragolumab einen Rückschlag.
In London gerieten Pearson (LON:PSON) mit 7,0 Prozent unter Druck. Der Finanzinvestor Apollo gab seine Pläne zum Kauf des Medienkonzerns auf, nachdem sein drittes Übernahmeangebot von etwas mehr als sieben Milliarden Pfund abgelehnt worden war.