PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Die wichtigsten europäischen Aktienmärkte haben nach der Erholung am Vortag wieder den Rückwärtsgang eingelegt. Kurz vor dem Treffen von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker mit US-Präsident Donald Trump am Mittwochabend mitteleuropäischer Zeit konzentrierten sich die Anleger wieder auf die internationalen Handelskonflikte. Am Nachmittag kam dann auch noch einmal mehr die Sorge vor baldigen Sonderzöllen auf europäische Autos auf. Zudem wurden die jüngsten Geschäftszahlen der europäischen Unternehmen überwiegend negativ aufgenommen.
Der EuroStoxx 50 (Euro Stoxx 50) fiel um 0,43 Prozent auf 3468,45 Punkte. Nach dem starken Vortagesplus hätten Anleger nun Kasse gemacht, schrieb Marktanalyst David Madden vom Handelshaus CMC Markets.
Für den Pariser Cac-40-Index (CAC 40) ging es um 0,14 Prozent auf 5426,41 Zähler nach unten. Der Londoner FTSE 100 (GB0001383545) büßte 0,66 Prozent auf 7658,26 Punkte ein.
Im europäischen Branchenvergleich büßten die vortags stark erholten Rohstoffwerte (Stoxx 600 Basic Resources PR) nun 0,83 Prozent ein. Schlusslicht in der Sektorübersicht waren die Automobilaktien (Stoxx 600 Automobiles & Parts RP) mit einem Minus von 2,90 Prozent. Hier hatte die Umsatz- und Gewinnwarnung von Fiat-Chrysler (6:FCHA) belastet.
Der italienisch-amerikanische Autobauer hatte unter anderem wegen Problemen mit chinesischen Importzöllen seine Jahresprognosen gekappt. Die Zahlenvorlage wurde überschattet von der Nachricht, dass der langjährige Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne gestorben ist. Die Aktien sackten in Mailand um 15,5 Prozent ab.
"Nach den überraschend starken Zahlen von PSA (9:PEUP) ist die Umsatz- und Gewinnwarnung von Fiat-Chrysler nun eine Hiobsbotschaft für die Branche", sagte ein Händler. Am Vortag hatten euphorisch aufgenommene Geschäftszahlen der Franzosen noch die gesamte Branche nach oben getrieben. Nun aber führten die gekappten Prognosen der Italiener den Aktionären eindringlich vor Augen, wie sehr der zunehmende Protektionismus die Bilanzen der Branche belasten kann.
In Paris sanken die Anteilscheine von STMicroelectronics (9:STM) als klares Schlusslicht im Cac 40 um 8,6 Prozent, obwohl der Chiphersteller derzeit von anhaltend guter Nachfrage profitiert. Die Anleger sorgten sich jedoch um die Zukunft: Laut Analyst Timothy Arcuri von der schweizerischen Bank UBS (SIX:UBSG) droht eine zyklische Abschwächung zum Ende des Jahres, die negative Auswirkungen auf die Nachfrage aus der Industrie haben dürfte.
In London ging es für Vodafone-Papiere (3:VOD) um 1,44 Prozent bergab. Der Telekomkonzern hatte vor der milliardenschweren Unitymedia-Übernahme in vielen Ländern mit härterer Konkurrenz zu kämpfen, wie der Umsatzrückgang im abgelaufenen Geschäftsquartal zeigte.
Dagegen legten die Aktien von Konkurrent Telecom Italia (6:TLIT) in Mailand um mehr als 1 Prozent zu. Die Italiener hatten dank guter Geschäfte im Heimatland und eines starken Wachstums in Brasilien den Umsatz im abgelaufenen Quartal gesteigert.
Ebenfalls gegen den schwachen Markttrend stemmten sich die Papiere von LVMH (9:LVMH), die an der EuroStoxx-Spitze um knapp 2 Prozent nach oben kletterten. Der französische Luxusgüterkonzern hatte das erste Halbjahr dank glänzender Geschäfte mit Uhren und Schmuck mit einem dicken Gewinnsprung abgeschlossen.
Bei der ebenfalls im europäischen Leitindex gelisteten Banco Santander (11:SAN) stand trotz einer operativen Gewinnüberraschung im zweiten Quartal ein Minus von 0,58 Prozent zu Buche. Der Überschuss war wegen des starken Euro und Kosten für die Integration der im vergangenen Jahr übernommenen Banco Popular (MC:POP) leicht zurückgegangen.