Nach Berichten über möglicherweise deutlich höhere Kosten für Stuttgart 21 machen die Gegner des Bahnprojekts wieder mobil. Das Aktionsbündnis Parkschützer lud am Mittwoch für den 16. Juli zu einer Demonstration für ein Alternativkonzept ein. Das Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21 forderte einen Bau- und Vergabestopp. Bund und Baden-Württemberg lehnten eine Beteiligung an Mehrkosten ab. Die Deutsche Bahn wies die Berichte zurück.
Laut Medienberichten geht der Bundesrechnungshof nach einer mehr als dreijährigen Prüfung davon aus, dass Stuttgart 21 statt der bislang offiziell veranschlagten 6,5 Milliarden Euro bis zu zehn Milliarden Euro kosten könnte. Außerdem warnten die Rechnungsprüfer demnach, dass die Finanzierung der Mehrkosten völlig ungeklärt sei.
Der Bundesrechnungshof wollte sich nicht zu dem Bericht äußern. Die Deutsche Bahn wies die Medienberichte zurück und erklärte, das Projekt innerhalb des Finanzierungsrahmens bauen zu wollen. Die Berichte über die Tätigkeit des Bundesrechnungshofs seien "nicht belastbar". Die Behörde habe weder einen aktuellen Bericht veröffentlicht noch zu dem angeblichen Prüfbericht Stellung genommen.
Baden-Württembergs Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) nannte die Zahlen in der "Heilbronner Stimme" vom Donnerstag wenig überraschend. Solche Prognosen habe es schon vor Jahren gegeben. "Damals wurde das als Panikmache abgetan." Er lehnte eine finanzielle Beteiligung seines Landes an möglichen Mehrkosten ab. "Die Bahn ist der Bauherr, bei ihr und beim Bund liegt die Verantwortung."
Allerdings will auch der Bund nicht für höhere Kosten aufkommen. Das Bundesverkehrsministerium erklärte, sich zu schwebenden Prüfverfahren des Bundesrechnungshofs grundsätzlich nicht zu äußern. Es verwies aber darauf, dass der Bund sich nicht an möglichen Mehrkosten beteiligen werde, weil es sich nicht um ein Bundesprojekt handle. Der Bund hatte für das Gesamtprojekt 564 Millionen Euro zugesichert.
Der Sprecher des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, Eisenhart von Loeper, erklärte, die Zahlen aus dem Rechnungshof-Bericht entsprächen genau den Kosten, die die Gegner schon vor Monaten errechnet hätten. Von Loeper warb erneut für die bereits kürzlich angekündigte Präsentation eines Umstiegs auf einen modernisierten Kopfbahnhof, für den in der kommenden Woche am Freitag die Pläne vorgestellt werden sollen. Gleichzeitig warnte er das Bahn-Management davor, dass im Fall eines einfachen Weiterbauens Ermittlungen wegen strafbarer Untreue drohten.
Für das Megaprojekt Stuttgart 21 hatte der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn im März 2013 den Finanzierungsrahmen auf 6,5 Milliarden Euro aufgestockt - quasi als Obergrenze aller Kosten inklusive möglicher Risiken bis zur Fertigstellung, die bisher für Ende 2021 anvisiert wird.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der Linksfraktion im Bundestag, Michael Schlecht, erklärte, Stuttgart 21 sei unwirtschaftlich und nicht finanzierbar, egal wie es gedreht und gewendet werde. Er forderte die Ablösung von Bahn-Chef Rüdiger Grube. Grünen-Chef Cem Özdemir gab Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) "einen Großteil der Verantwortung für dieses Milliardengrab".