Nach dem Brexit-Votum wirbt der Chef der Deutschen Börse in Frankfurt am Main, Carsten Kengeter, mit neuen Argumenten für eine Fusion mit der London Stock Exchange (LON:LSE). Kengeter habe den Aktionären nach der Entscheidung der Briten für einen EU-Austritt versprochen, eine Doppel-Holding in Frankfurt und London einzurichten, berichtete die "Süddeutsche Zeitung" in ihrer Mittwochsausgabe. Damit wolle er den Wunsch der Aufsicht nach einem EU-Sitz der Börse erfüllen.
Das Prozedere ist dem Bericht zufolge jedoch heikel, denn im offiziellen Fusionsangebot stehe nur London als Hauptsitz. Dieses Schriftstück könne aus juristischen Gründen nicht mehr geändert werden. Daher werde nun nach Nebenabreden gesucht, die dem offiziellen Angebot beigelegt werden. Ein Sprecher der Deutschen Börse wollte sich der "SZ" zufolge nicht dazu äußern.
Rechtlich bindend werden diese Nebenabreden dem Bericht zufolge aber erst, wenn die Fusion vollzogen ist und das oberste Entscheidungsgremium der fusionierten Börse mit Dreiviertelmehrheit der Änderung zustimmt. Das Geschäft baue darauf auf, dass die Behörden den Nebenabreden der Börse vertrauen.
Die Eigentümer der Deutschen Börse stimmen am 12. Juli ab. Kengeter rechnet nach "SZ"-Informationen nun sogar mit 95 Prozent Zustimmung der Aktionäre, 75 Prozent seien in jedem Fall sicher. Die "Süddeutsche" schrieb unter Berufung auf Insider, Kengeter werbe auch damit, dass das Euro-Clearing nach der Fusion von London nach Frankfurt käme. Die Aktionäre der London Stock Exchange (LSE) haben bereits zugestimmt: Am Montag votierten sie mit 99,89 Prozent für den Zusammenschluss mit der Deutschen Börse.
Nach der Entscheidung der Aktionäre beginnt ein Genehmigungsprozess, der sich bis Anfang 2017 hinziehen könnte. So müssen die Finanzaufsicht Bafin, die EU-Wettbewerbsbehörde und schließlich Hessens Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir (Grüne), bei dem die Aufsicht über die Börse angesiedelt ist, dem Fusionsplan zustimmen.