Heute vor 20 Jahren war der Dot-com-Crash noch in vollem Gange. Von der Spitze bei weit über 7.000 Punkten war der amerikanische Technologieindex NASDAQ Composite zum März 2001 auf rund 3.000 Punkte abgetaucht. In der Folge sollte es noch zu einer weiteren schmerzhaften Halbierung kommen. Da die bis zum Einsetzen der Finanzkrise 2007 laufende Erholungsbewegung nur einen Teil der Verluste ausgleichen konnte, gilt die Zeit um die Jahrtausendwende als die ultimative Aktienblase.
In Deutschland machten der Neue Markt und seine Nachfolger Nemax 50 und TecDAX ganz ähnliche Entwicklungen durch, wie alle Anleger, die damals dabei waren, sicherlich auch heute noch lebhaft in Erinnerung haben. Aber wie verrückt waren die Bewertungen damals wirklich? Klar ist, dass es eine Reihe von Exzessen gab. Betrüger und Aufschneider versuchten mit unterschiedlichem Erfolg, die schnelle Mark zu machen. Substanzlose Unternehmen erreichten Fantasiewerte, wenn sie ein „.com“ an ihren Firmennamen klebten.
Auf dem Höhepunkt des Hypes im Jahr 1999 kamen in den USA 292 Unternehmen an die Börse, die vorgaben, das Internet zu gestalten (im Vorjahr waren es 45). Viele davon schrieben horrende Verluste oder wurden mit dem Hundertfachen der erwarteten zukünftigen Gewinne bewertet. Doch dazu sind zwei Dinge festzustellen:
Erstens waren die Ideen von damals zum Teil richtig gut, auch in Deutschland:
- Metabox (stilisiert met@box) war auf dem besten Weg, mit seinen ausgefeilten Set-top-Boxen das vernetzte TV auszurollen. Heutige Streaming-Giganten wie Netflix (NASDAQ:NFLX) bringen Hunderte Milliarden US-Dollar auf die Waage.
- Intershop stellte schon 1995 als Pionier sein E-Commerce-System vor, das in den Anfängen des Onlinehandels über eine herausragende Marktstellung verfügte. Shopify (NYSE:SHOP) ist heute ca. 140 Mrd. US-Dollar wert und damit zehnmal so viel wie Intershop beim Höchstkurs vom 13. März 2000.
- DCI war dabei, mit seinem WebTradeCenter eine umfassende Produkt- und Preisdatenbank aufzubauen. Noch 2000 wollten strategische Investoren mit der B2B-Handelsplattform weltweit expandieren und neue Produktkategorien ergänzen. Vielleicht hätte daraus sogar irgendwann der „Everything Store“ werden können, der die Basis für das Billionen-Imperium von Amazon (NASDAQ:AMZN).com darstellt.
Zweitens ist der Markt selbst von den Höchstständen der Dot-com-Blase aus auf lange Sicht weiter gewachsen: von 7.000 auf 13.000 Punkte beim NASDAQ Composite, das ist fast eine Verdoppelung über 21 Jahre. Damit würden wir heute eine jährliche Rendite von 3 % (zuzüglich Dividenden) verbuchen, was sich im Vergleich zum Sparbuch immer noch sehen lassen kann, selbst, wenn es dort zwischenzeitlich etwas mehr gab. Wer allerdings vor 20 Jahren auf den NASDAQ Composite gesetzt hat, der hätte heute in Dollar gerechnet sogar vier- oder fünfmal mehr. Das entspricht einer stattlichen jährlichen Rendite von rund 8 %.
Was lernen wir aus alledem? Nun, wer auf die Aktien der Zukunft setzen will, der braucht auch Glück, um bei den Volltreffern dabei zu sein. Wir können dem Glück jedoch etwas auf die Sprünge helfen, indem wir im Zeitverlauf auf möglichst viele verschiedene Chancen setzen, dabei einen strengen Blick auf die Qualität des Managements werfen und Durchhaltevermögen beweisen.
Ich bin sicher: Auf Sicht von 20 Jahren wird der breite Markt erneut solide Renditen bringen, egal, ob nun ein Crash oder der nächste Boom eingeleitet wird. Gleichzeitig tummeln sich aktuell unter den unzähligen gehypten und scheinbar völlig überbewerteten Aktien sehr wahrscheinlich die nächsten Billionen-Konzerne, die viele Aktionäre zu Millionären machen werden.
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Ralf Anders besitzt keine der erwähnten Aktien. John Mackey, CEO von Amazon-Tochter Whole Foods Market, sitzt im Board of Directors von The Motley Fool. The Motley Fool besitzt und empfiehlt Aktien von Amazon, Netflix und Shopify und empfiehlt die folgenden Optionen: Short January 2022 $1940 Call auf Amazon und Long January 2022 $1920 Call auf Amazon.
Motley Fool Deutschland 2021