FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax (DAX) muss sich in der neuen Woche an der erstmals übersprungenen Hürde von 13 000 Punkten messen lassen. Der Kampf um diese Marke war fast zwei Wochen lang schwer und er droht es vorerst auch zu bleiben. Viele Experten zweifeln daran, dass die Kurse nun automatisch in den Himmel wachsen - auch wenn die geopolitischen Risiken weltweit nachgelassen haben. Maßgeblich dürften vor allem die Berichtssaison der Unternehmen und die geldpolitischen Perspektiven werden.
"Nach der September-Rally tut eine vorübergehende Verschnaufpause dem Dax gut", bewertet etwa Chefstratege Robert Greil von der Privatbank Merck (DE:MRCG) Finck das aktuelle Bild. Obwohl der September als historisch schwächster Börsenmonat gilt, hat der Dax im vergangenen Monat mehr als 6 Prozent zugelegt und so den Grundstein für die 13 000 Punkte gelegt. Auch die LBBW rechnet mit einer vorübergehenden Atempause: "Das durchschnittliche Potenzial einer Jahresendrally von rund 10 Prozent wurde bereits zu einem guten Teil erreicht", argumentieren die Experten dafür. Anlass zur Vorsicht gibt in ihren Augen auch eine gewisse Sorglosigkeit der Anleger.
Diese Sorglosigkeit ist allerdings Folge einer schwerwiegenden Bredouille, die nach Meinung von Daniel Saurenz weiter dafür sorgen wird, dass mögliche Korrekturen nur kleine Ausmaße erreichen. Viele Investoren stünden noch immer am Spielfeldrand und warteten auf günstigere Kurse. "Jede Korrektur endet schneller als erwartet und zwingt wieder zum Nachkaufen", so der Experte von Feingold Research.
Rückenwind hatten die Kurse im September von einem schwachen Euro erhalten. Nun jedoch könnte die Gemeinschaftswährung dem Dax das Leben schwerer machen. Jochen Stanzl von CMC Markets verweist etwa auf derzeitige Spekulationen, wonach die Europäische Zentralbank (EZB) den Geldhahn schneller zudrehen könnte als erwartet. Gerüchten zufolge liebäugeln die Währungshüter mit einer starken Reduzierung ihres Wertpapierkaufprogramms. "Gleichzeitig kommen in den USA Zweifel über eine weitere Zinserhöhung im Dezember auf", fügte er hinzu. Vor dem Wochenende wurden diese von schwachen US-Inflationsdaten noch untermauert.
Von Experten als wichtig erachtet werden vor diesem Hintergrund auch neue Inflationsdaten aus Europa, die am Dienstag erwartet werden. Marktanalyst Milan Cutkovic von AxiTrader argumentiert, dass eine anziehende Teuerung für einen baldigen Ausstieg aus der europäischen Nullzinspolitik sprechen würde. Außerdem stehen am Dienstag die ZEW-Konjunkturerwartungen und aktuelle Zahlen zur Industrieproduktion in den USA im Mittelpunkt. Experten erwarten, dass diese immer noch von den Nachwehen der jüngsten Wirbelstürme geprägt sind.
Neues Leben einhauchen könnte dem Aktienmarkt aber die Berichtssaison, die in der neuen Woche ins Laufen kommt. "Sollte die Bilanzsaison dies- und jenseits des Atlantiks die stark gestiegenen Aktienkurse rechtfertigen und größere Enttäuschungen ausbleiben, steht neuen Rekordhochs an der Wall Street und an der Frankfurter Börse kaum etwas im Weg", glaubt AxiTrader-Experte Cutkovic.
Heiß her geht es bei den Unternehmensberichten zunächst in den USA. In der neuen Woche werden dort vor allem am Dienstag weitere Resultate erwartet. Darunter die Banken Morgan Stanley (112:MWD) und Goldman Sachs (112:GS) sowie der Konsumgüterkonzern Johnson & Johnson (NYSE:JNJ) und der Technologiekonzern IBM (112:IBM). Bereits am Montag könnte der Streaming-Anbieter Netflix (2:NFLX) nach Börsenschluss einen Blick wert sein.
Hierzulande startet die Berichtssaison am Donnerstag mit SAP (4:SAPG), gefolgt von Daimler (4:DAIGn) am Freitag. Bei dem Walldorfer Softwarekonzern hält Barclays-Experte Gerardus Vos eine positive Überraschung für möglich. Beim Autobauer geht Patrick Hummel von der UBS (SIX:UBSG) davon aus, dass das Quartal von einem langsameren Wachstum auf den entwickelten Märkten geprägt gewesen ist.