Der Euro verlor nach der geldpolitischen Entscheidung der Europäischen Zentralbank deutlich an Wert gegenüber dem US-Dollar. Aus technischer Sicht scheiterte der EUR/USD an der relevanten 100-Tage-Linie. Nachdem es der Gemeinschaftswährung in den vergangenen vier Tagen nicht gelungen ist, diese wichtige Marke zu überwinden, besteht das Risiko einer tieferen Korrektur auf 1,19. Auf fundamentaler Basis wurden von der EZB keine Änderungen erwartet und es wurden auch keine vorgenommen, aber es ist klar, dass die Zentralbank enttäuscht hat.
Angesichts der anhaltenden Erholung in den USA und des Tapering der Bank of Canada hatten sich die Anleger mehr erhofft. Stattdessen betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde die Sorgen über die kurzfristigen Aussichten und wies darauf hin, dass die EZB nicht die BoC ist. Sie gab sonst kaum Einblicke in das, was als nächstes kommt. Im Gegensatz zur Eurozone kann Kanada umfangreiche fiskalische Impulse setzen, wohingegen die Länder in Europa Schwierigkeiten haben, jede Art von fiskalischer Reaktion zu koordinieren. Außerdem profitiert Kanada viel früher von der Erholung in den USA.
Mit sieben Wochen bis zur nächsten geldpolitischen Sitzung hat sich die Zentralbank für eine abwartende Haltung entschlossen und lässt den Markt damit im Dunkeln tappen. Die Juni-Sitzung gilt als besonders wichtig, weil die EZB ihre Wirtschaftsprojektionen überarbeiten wird, und bei einer so großen Zeitspanne wollte sie sich wohl nicht im Voraus auf Änderungen festlegen, bevor nicht klar ist, dass Fortschritte gemacht werden. Es gibt Berichte, dass die Impfprioritätenliste in Deutschland im Mai aufgehoben werden könnte, was bedeuten würde, dass Impfungen für jeden verfügbar wären. Sollte dies zutreffen und Länder wie Frankreich, Spanien und Italien noch vor der nächsten EZB-Sitzung im Juni Impfungen für alle anbieten, die dies wünschen, dann sieht die Sache schon viel besser aus. Bis dahin sollten die Restriktionen gelockert werden und die wirtschaftliche Aktivität sollte sich allmählich normalisieren, so dass die Zentralbank damit beginnen kann, über ein Tapering der Wertpapierkäufe zu sprechen.
Die Unterstützung für den US-Dollar war ebenfalls ein wichtiger Faktor für die Euro-Schwäche. Die Erstanträge auf Arbeitslosenunterstützung fielen auf einen neuen Tiefststand und der Greenback wurde auf breiter Front höher gehandelt. Die Verkäufe bestehender Eigenheime gingen unerwartet zurück, was aber angesichts des Anstiegs der Hypothekenzinsen keine völlige Überraschung war.
Hier sind die vier Gründe, warum der EUR/USD im Zuge der EZB-Sitzung in die Knie ging:
- Kurzfristig bleibt der Ausblick aus Sicht der EZB von Unsicherheit geprägt.
- Die EZB bekräftigte ihren akkommodierenden geldpolitischen Kurs.
- Die EZB gab keine Hinweise auf das, was als nächstes kommt, und erwähnte keine Pläne für Änderungen am PEPP.
- Neue Pandemie-Tiefs bei den Arbeitslosenanträgen in den USA.
Der US-Dollar könnte auch weiterhin sehr gefragt bleiben und den EUR/USD vor der geldpolitischen Entscheidung der Federal Reserve am kommenden Mittwoch unter Druck setzen. Da sich die Aktien in der Nähe von Rekordhochs bewegen und die Erholung an Schwung gewinnt, sollte sich die US-Zentralbank zuversichtlicher und optimistischer zeigen. Bevor sich die Woche dem Ende zuneigt, stehen jedoch noch wichtige Daten aus der Eurozone an, die große Bewegungen beim EUR/USD auslösen könnten - die PMI-Berichte für April. Umfangreiche Restriktionen und Lagardes Zurückhaltung deuten auf Abwärtsrisiken hin, die mit dem jüngsten Rückgang des deutschen Anlegervertrauens (ZEW) übereinstimmen würden. Da sich der EUR/USD bereits auf dem Rückzug befindet, sollten schwache Einkaufsmanagerindizes das Paar unter 1,20 fallen lassen.
Auch das Pfund Sterling steht am Freitag im Fokus, denn in Großbritannien werden die Einzelhandelsumsätze und der PMI-Bericht veröffentlicht. Anders als in der Eurozone werden rundum solide Daten erwartet, da sich das Land weiter erholt. Während das Pfund Sterling seine Talfahrt gegenüber dem Greenback den dritten Handelstag in Folge fortsetzte und sich schlechter als der EUR entwickelte, sind die Aussichten auf fundamentaler Basis positiv.
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