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Anleger fordern Nachhaltigkeit und Transparenz im Bergbau

Veröffentlicht am 16.10.2020, 11:30
RIO
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am 16. Oktober 2020 

ESG: Verantwortung im Bergbau als Investment-Pluspunkt

Aufregende Mineralienfunde und lukrative Gewinne eines Bergbauunternehmens erfreuen jeden Anleger. Sie sind aber längst nicht alles: Seit einiger Zeit zeichnet sich ein Trend ab, wonach auch nicht-finanzielle Werte die Attraktivität eines Rohstoffexplorers oder Produzenten anheben. Beim am Mittwoch zu Ende gegangenen „Diggers & Dealers“-Forum trugen die Veranstalter aufschlussreiche Statements aus der Szene zusammen, die belegen wie Investoren den „ESG-Druck“ auf den australischen Minensektor forcieren.

Im Mai 2020 führte der britisch-australische Bergbau-Major Rio Tinto (LON:RIO) im Rahmen von Arbeiten zum Eisenerzabbau Sprengungen in der westaustralischen Region Pilbara durch. Dabei wurde auch eine Kultstätte der altansässigen Aborigines zerstört: Eine frühzeitliche Höhle, die als Kulturerbe unwiederbringlich verloren ist. Der Vorfall hatte zu einer parlamentarischen Untersuchung und zum Rücktritt von Rio-Tinto-Chef Jean-Sébastien Jacques geführt.

Solche und ähnliche Vorfälle lassen nicht nur die vor Ort Betroffenen entsetzt zurück. Auch Aktionäre hinterfragen zunehmend, wie es denn bei ihren Unternehmen mit den „ESG-Faktoren“ bestellt ist.

Verantwortung für Mensch und Umwelt im Fokus der Finanziers

„ESG“ steht als Kürzel für „Environment, Social, Governance“, das meint die Umwelt- und Sozialpolitik sowie den Führungsstil eines Unternehmens. Indem Anleger sich vermehrt dafür interessieren, wie Bergbaubetriebe es mit Fragen des Klimaschutzes, fairen Arbeitsbedingungen innerhalb von Lieferketten und Landrechtsbelangen der angestammten Bewohner halten, erhöht sich die Sensibilität für systemimmanente Schwierigkeiten.

Allzu neu ist dieser Trend nicht: Bereits seit Jahren beobachten Investoren mit kritischem Blick, wie diese heiklen Themen von den Unternehmen behandelt werden. Laut Einschätzungen der Führungskräfte in australischer und in Australien fördernder Bergbauunternehmen werden Investoren (namentlich institutionelle Anleger wie Pensionsfonds) in den kommenden Jahren zunehmend mehr Druck ausüben, damit ESG-Richtlinien noch höheres Gewicht zukommt.

Branchenstimmen: Aktionäre fordern mehr Rechenschaftspflicht

Ein Schlaglicht auf dieses Thema warf das diesjährige „Diggers & Dealers“-Forum, einer der wichtigsten Bergbaukongresse in Australien, der am Mittwoch in Kalgoorlie endete. Die dort vorgetragenen Präsentationen gingen deutlich dezidierter auf Themen wie Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung ein als zuvor.

So erklärte beispielsweise der Goldproduzent Regis Resources aus Subiaco, der Standard der Berichterstattung im Unternehmen sei zugunsten der Erwartungen der Geldgeber erhöht worden. Stuart Tonkin von Northern Star Resources (ebenfalls Subiaco) äußerte, er habe in seinen bislang vier Jahren als Geschäftsführer ein vermehrtes Interesse der Anleger an Non-Profit-Fragen festgestellt.

Elizabeth Gaines, Geschäftsführerin des Eisenerzproduzenten Fortescue Metals Group aus Perth bestätigte, dass in den vergangenen Monaten eine Vielzahl von Anleger-Anfragen eingegangen sei, die sich explizit auf Angelegenheiten zum Umgang mit Kulturerbe beziehen. Auch Inlands- und Überseefonds interessieren sich für diese Thematik. Es habe diverse lange persönliche und telefonische Besprechungen von ESG-Belangen gegeben. Deren Aufbereitung gestalte sich als Bildungsprozess, dem sich Fortescue mit Sorgfalt widme und den Anlegern eine angemessene Aufklärung biete.

Unter kritischem Blick von Blackrock

Solche Themen treiben auch Protagonisten wie Larry Fink um, seines Zeichens CEO des weltweit größten Fondsmanagers Blackrock. Der hatte in seinem Jahresbrief  Firmen, Investoren und Regierungen auf eine Umverteilung des Kapitals eingeschworen. „Jedes Unternehmen muss nicht nur finanzielle Leistungen erbringen, sondern auch zeigen, wie es einen positiven Beitrag zur Gesellschaft leistet“, heißt es wörtlich in diesem Schreiben. Seinen Kunden verspricht Blackrock, fortan ESG-Belange der Fonds-Firmen ebenso kritisch unter die Lupe zu nehmen wie potenzielle Kredit- und Liquiditätsrisiken.

Das CFA Institute ist eine weltweite Vereinigung von Investmentprofis. Laut einem Bericht vom Mai dieses Jahres bekräftigt man dort, dass ESG-Investitionen unter den Kapitalmarktinvestitionen ein immer höheres Gewicht bekämen. Geschätzt „mehrere zehn Billionen USD“ würden hier verwaltet. Schon vor zwei Jahren berichtete die global Sustainable Investment Alliance (ein Zusammenschluss von nachhaltigen agierenden Investmentorganisationen), dass mehr als 30 Billionen USD allein nach verantwortungsvollen Investitionskriterien verwaltet würden.

Banken belohnen nachhaltige Projekte

Ein im Rahmen der „Diggers & Dealers“-Konferenz vom Wirtschafts- und Steuerberatungskonzern Deloitte veröffentlichter Bericht wies auf die möglichen wirtschaftlichen Vorteile einer Minderung der CO2-Emissionen der westaustralischen Bergbauindustrie hervor. Risiken für den Mittelstand hingegen würden nur kurzfristig zunehmen.

Auf solche Herausforderungen müssen die Unternehmen jedoch  aktiv reagieren. Banken würden bereits jetzt mehr für Kredite für Betriebe einfordern, die potentiell gegen Erwartungen der eigenen Aktionäre verstoßen. Viele Eigenkapitalinvestoren können Wertpapiere mit hohen Emissionen nicht mehr anrühren, was für die Unternehmen in einer geringeren Nachfrage nach ihren Aktien resultiert. Investoren müssten also dafür sorgen, bei Bewertung und Anlage nicht hinter den Markt zurückzufallen.

Im Gegenzug, so heißt es weiter bei Deloitte, können Unternehmen mit einer von korrespondierenden Maßnahmen gestützten 10-Jahres-Strategie von vergünstigten Darlehen und verbesserten Bewertungen profitieren.

Verringerte CO2-Emissionen locken Anleger

Auch der Klimawandel ist längst ein Thema in der Branche. Mit derselben Geschwindigkeit, mit der weltweit der CO2-Ausstoß gesenkt wird, kehren Finanziers sich von Unternehmensmodellen mit veralteter Technologie ab und favorisieren Investitionen in grüne Energie, umweltfreundliche Logistik und smarte Infrastruktur, die als fördernswert angesehen werden.

Das bestätigte beim „Diggers & Dealers“-Forum auch Ken Brinsden, Chef des Lithiumförderers Pilbara Minerals aus Perth. Er betonte bei dieser Gelegenheit das Potenzial seines Unternehmens, sich an der Herstellung von Mehrwertprodukten zu beteiligen, nämlich Lithiumhydroxid, ein Material, das unter anderem für Fahrzeug-Akkus verwendet wird. Man reagiert damit auf die vom britischen Forschungs- und Beratungsunternehmen Roskill veröffentlichten Studien zur Energieintensität und CO2-Emission beim Lithiumabbau inklusive des Versandes von Konzentrat zu chinesischen Raffinerien.

Brinsden sieht Entwicklungsparallelen der aktuellen Lithiumindustrie zur Eisenerzindustrie der frühen Siebzigerjahre und prognostiziert, dass in den kommenden Jahren Innovationen die Branche dramatisch formen könnten. Solche Veränderungen können den CO2-Fußabdruck beachtlich glätten; nun läge es an den Experten, dafür technische Lösungen zur Umsetzung zu bringen.

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