Anleihen im Fokus: 3 kritische Fragen zu Inflation, Zöllen und Defiziten

Veröffentlicht am 26.01.2025, 10:46
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Erleben wir gerade die Ruhe vor dem Sturm – oder ist das Schlimmste vielleicht schon überstanden?

In den kommenden Tagen und Wochen wird der Anleihemarkt mit großer Aufmerksamkeit auf neue Wirtschaftsdaten und politische Entwicklungen blicken, die Antworten auf diese entscheidenden Fragen liefern könnten. Die jüngste Konsolidierung bei den Renditen von Staatsanleihen bietet eine Atempause nach dem massiven Anstieg, der die Märkte in den letzten Monaten geprägt hat. Doch aktuell herrscht eher vorsichtige Zurückhaltung als echte Entspannung.

Es wäre verfrüht, die Möglichkeit weiter steigender 10-jähriger Treasury-Renditen gänzlich auszuschließen. Seit September befanden sie sich nahezu konstant im Aufwärtstrend, und auch wenn die jüngste Korrektur eine gewisse Erleichterung brachte, bleibt die Benchmark-Rendite mit rund 4,62 % (Stand: 22. Januar) nur knapp unter ihrem Höchststand von etwa 4,80 %.

Ein Blick auf die Kursentwicklung zeigt jedoch: Eine Trendwende ist keineswegs garantiert.

Ein Warnsignal bleibt die jüngste Bewegung des 50-Tage-Durchschnitts über den 200-Tage-Durchschnitt im 10-Jahresbereich – ein klassisches Zeichen dafür, dass der Aufwärtstrend noch intakt sein könnte. Anleger sollten sich daher nicht zu früh in Sicherheit wiegen.

Rendite 10-jähriger US-Staatsanleihen vs. gleitende Durchschnitte

Für Anleihen stellen sich im Hinblick auf die Themen Inflation, Zölle und das steigende Haushaltsdefizit der US-Regierung nun drei wichtige Fragen.

1. Wird die hartnäckige Inflation weiter anhalten?

Der Anleihemarkt richtet seinen Fokus weiterhin wie ein Laser auf die zentrale Frage: Bleibt die Inflation auf hohem Niveau bestehen?

Zwar konnte die US-Notenbank einen bedeutenden Erfolg verbuchen, indem sie den drastischen Inflationsanstieg aus dem Jahr 2022 unter Kontrolle brachte, doch zuletzt scheint der Rückgang ins Stocken geraten zu sein. Die Inflation verharrt hartnäckig in der Nähe von 3 % – und liegt damit noch immer über dem angestrebten Ziel der Fed von 2 %.

Dieses anhaltend hohe Preisniveau wirft bei Anlegern und politischen Entscheidungsträgern gleichermaßen Fragen auf: Ist der Inflationsdruck strukturell bedingt, oder handelt es sich lediglich um eine vorübergehende Phase?

VPI Inflation

2. Werden hohe Zölle die Inflation anheizen?

Ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor sind die Pläne von US-Präsident Trump, die Importzölle anzuheben – ein Schritt, der nach Ansicht einiger Wirtschaftsexperten inflationären Druck erzeugen könnte.

Einige Beobachter sehen die Zollandrohungen jedoch eher als taktisches Mittel in Verhandlungen und argumentieren, dass das Risiko steigender Inflation daher geringer sei, als viele Analysten befürchten.

Vielleicht ist das tatsächlich der Fall. Dennoch zeigt eine aktuelle Umfrage des Wall Street Journal, dass Ökonomen ihre Inflationserwartungen zuletzt nach oben korrigiert haben.

Laut der jüngsten vierteljährlichen Umfrage wird nun erwartet, dass der Verbraucherpreisindex (VPI) in den kommenden 12 Monaten um 2,7 % im Vergleich zum Vorjahr steigt – ein Anstieg gegenüber der vorherigen Prognose von 2,3 %.

„Nur wenige Ökonomen rechnen damit, dass die Inflation niedriger ausfällt als noch im Oktober“, heißt es in der Umfrage.

VPI-12-Monatsveränderung

3. Könnten wachsende Haushaltsdefizite die Zinssätze in die Höhe treiben?

Am Anleihemarkt wächst derweil die Sorge über das steigende US-Haushaltsdefizit, das die Zinssätze weiter nach oben treiben könnte.

Das Congressional Budget Office (CBO), die für den Bundeshaushalt zuständige Behörde, hat kürzlich ihre Prognosen aktualisiert und sieht zunehmende Schwierigkeiten für die US-Regierung, das Defizit auf einem konstanten Niveau zu halten.

Die Reduzierung des Haushaltsdefizits bleibt eine große politische Herausforderung – vor allem, weil die Sozialversicherung (Social Security) und das staatliche Krankenversicherungsprogramm Medicare, die größten Posten im Haushalt, schneller wachsen als die Einnahmen. Dadurch dürfte das Defizit weiter steigen.

Laut CBO wird das bereinigte Haushaltsdefizit bis 2035 voraussichtlich 6,1 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) erreichen – deutlich mehr als der Durchschnitt der letzten 50 Jahre von 3,8 %.

Um das Defizit in den Griff zu bekommen, stehen der Regierung grundsätzlich zwei Optionen zur Verfügung: Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen. Doch keine dieser Maßnahmen steht aktuell ganz oben auf der politischen Agenda, insbesondere nicht bei den Republikanern, die sowohl den Kongress als auch das Weiße Haus kontrollieren.

Gesamtdefizit, Netto-Ausgaben und  Primärdefizit

Die Sorgen über steigende Zinssätze sind derzeit begrenzt. Die Fed Funds Futures signalisieren eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass die US-Notenbank ihren Leitzins auf der kommenden FOMC-Sitzung am 29. Januar unverändert lassen wird.

Auch für die Sitzung im März erwarten Marktteilnehmer mit einer moderaten Wahrscheinlichkeit von 76 %, dass es keine Anpassungen geben wird.

Ein Blick auf die 2-Jahres-Treasury-Rendite, die häufig als Indikator für Zinserwartungen genutzt wird, zeigt jedoch, dass sich die Markteinschätzung verändert hat. Der Markt nimmt mittlerweile eine eher neutrale Haltung gegenüber dem zukünftigen Kurs der Geldpolitik ein.

Die 2-jährige Rendite bewegt sich weiterhin in enger Abstimmung mit dem aktuellen Leitzins der Fed. Das deutet darauf hin, dass der Markt derzeit nur begrenztes Potenzial für Zinssenkungen sieht – wenn überhaupt.

Rendite 2-jähriger US-Staatsanleihen vs. Fed Funds Rate

Es wäre verfrüht, jetzt schon von bevorstehenden Zinserhöhungen auszugehen. Vieles hängt davon ab, wie sich die kommenden Daten zu Inflation und Wirtschaftswachstum entwickeln. Auch die Entscheidungen von Donald Trump in den nächsten Tagen und Wochen – insbesondere im Hinblick auf Zölle – könnten einen erheblichen Einfluss haben.

Gleiches gilt für politische Maßnahmen rund um Staatsausgaben und mögliche Steuersenkungen, die die Erwartungen an das Bundesdefizit stark beeinflussen werden.

„Beim Thema Inflation sind wir noch nicht über den Berg“, meint Dan Ivascyn, Chief Investment Officer beim führenden Anleihemanager Pimco.

Zinserhöhungen seien „sicherlich möglich“, sagte er in einem Interview mit der Financial Times, doch derzeit seien sie nicht sein Basisszenario. Bislang scheint der Anleihemarkt diese Einschätzung zu teilen.

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