Anleger, die den raschen Anstieg der Anleiherenditen verpasst haben, als eine Reihe von COVID-19-Impfstoffen klinische Studien durchlaufen haben, könnten es bedauern, die Chance auf eine satte Rendite von 0,97% bei einer Laufzeit von 10 Jahren verpasst zu haben.
Die Renditen von Treasuries und anderen Staatsanleihen sind in der Zwischenzeit wieder gesunken. Die 10-jährige Staatsanleihe rentiert jetzt knapp unter 0,87%. Auch in der Eurozone sind die Anleiherenditen wieder zurückgegangen, wobei selbst die Rendite von Staatsanleihen aus Portugal erstmals ins Minus gerutscht war.
Reflations-Trade wartet auf zusätzlichen Fiskalimpuls
Die Aktienmärkte sind inzwischen in die Höhe geschnellt, als die positiven Impfstoffnachrichten Ende November den Dow Jones Industrial Average zum ersten Mal über die Marke von 30.000 Punkten spülten. Die Aussicht auf einen wirksamen Impfstoff hat Hoffnungen auf ein boomendes Wachstum im nächsten Jahr geweckt und die Aktien in fast allen Sektoren beflügelt.
Die Anleihe-Investoren sind möglicherweise etwas weniger optimistisch als Aktien-Anleger bezüglich der Impfstoffe. Sie sind von Natur aus konservativer. Ihre Hauptsorge gilt jedoch nicht der Wirtschaft, sondern den Zinssätzen, die von der Inflation abhängen.
Wirtschaftsboom hin oder her, es zeichnet sich nicht viel Inflation am Horizont ab. Die Zentralbanken waren mehr als ein Jahrzehnt lang nicht in der Lage, die Inflation signifikant zu erhöhen, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass ihre Bemühungen endlich zum Erfolg führen werden.
Diese Aussicht hat dem Reflations-Trade etwas Wind aus den Segeln genommen. Historisch gesehen würde eine Prognose eines raschen Wachstums mehr Inflation, höhere Zinssätze und sinkende Anleihekurse bedeuten (die Kurse bewegen sich umgekehrt zu den Renditen).
Die Anleihen befinden sich jedoch in einer Art Zwickmühle mit Blick auf den wirtschaftlichen Aufschwung. Die Zentralbanken haben die Leitzinsen auf nahezu Null oder darunter gesenkt und gleichzeitig neue unorthodoxe geldpolitische Maßnahmen ergriffen, mit denen das Finanzsystem mit Geld überschwemmt wurde.
Aber nichts davon hat die Inflation beschleunigt. Tatsächlich bleiben die Inflationserwartungen weiterhin fest verankert, so dass Preissteigerungen nicht zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden.
Die fünfjährige Breakeven-Inflationsrate, ein marktübliches Maß für die Inflationserwartungen, betrug am Freitag 1,67%, während die zehnjährige Breakeven-Rate lediglich auf 1,75% kam. Auch die 5Y5Y-Inflationserwartungen rangierte kaum verändert bei 1,83%.
Kurz gesagt, die Investoren erwarten nicht, dass die Inflation - unabhängig von Impfstoffen oder einem raschen Wachstum - das Ziel der Fed von 2% in absehbarer Zeit erreicht, geschweige denn übertroffen wird, damit sie entsprechend der geänderten Politik der Fed im Laufe der Zeit durchschnittlich 2% beträgt.
Diese Raten stellen Erwartungen dar, wie sie sich in den Marktrenditen widerspiegeln, und sind keine Prognosen. Sie werden täglich berechnet und können sich bei veränderten Wahrnehmungen verschieben. Aber die Wahrnehmung im Moment ist, dass nichts, was die Fed oder die Zentralbanken tun, die Inflation entzünden und höhere Zinssätze auslösen wird.
Es besteht wenig Anreiz, Anleihen zu verkaufen. Tatsächlich besteht angesichts der Tatsache, dass die Zentralbank Wert darauf legt, die Zinssätze niedrig zu halten, jeder Anreiz, weiterhin in kleinen Mengen zu kaufen.
Es ist fraglich, ob die Fed auf ihrer Sitzung am 15. bis 16. Dezember beschließen wird, ihre monatlichen Anleihekäufe zu erhöhen oder sie auf längere Laufzeiten auszurichten. Die politischen Entscheidungsträger werden jedoch wahrscheinlich abwarten, bis mehr Klarheit über die Impfung der Bevölkerung und die Entwicklung der Wirtschaft herrscht, bevor sie irgendwelche Änderungen vornehmen.
Die Europäische Zentralbank hat jedoch eindeutig ihre Absicht mitgeteilt, ihre Anleihenkäufe von den derzeit verfügbaren 1,35 Billionen Euro aufzustocken. Dies hält den Druck auf die Renditen von Staatsanleihen in der Eurozone aufrecht.
Renditen der 10-jährigen italienischen Anleihen erreichten am Montag kurzzeitig ein Rekordtief von 0,551%, bevor sie über 0,58% stiegen. Im November war die Inflation im siebten Monat in Folge negativ. Die VPI fiel im Jahresvergleich um 0,2%, nach einem Rückgang von 0,3% im Oktober.