Dieser Artikel erschien zuerst auf GoldGeldWelt
Bausparkassen berichten über einen regelrechten Kundenansturm: Bausparen ist durch die Zinswende wieder angesagt. Ratenkredite sind dagegen mittlerweile deutlich teurer. Der Trend könnte sich fortsetzen.
Zu den Gewinnern der Zinswende zählt der klassische Bausparvertrag. Dieser war in Deutschland einst sehr beliebt – verlor infolge der anhaltenden Niedrigzinspolitik jedoch an Bedeutung. Gab es in den 1990er Jahren teils noch mehr als 33 Millionen Bausparverträge, war die Zahl zuletzt auf rund 22,6 Millionen gesunken.
LBS: Bauspar Neugeschäft +26 %
Nun meldeten die Landesbausparkassen (LBS) für das vergangene Jahr 578.000 Neuverträge, rund 26 % mehr als im Vorjahr. Die Bausparsumme stieg sogar um 47 % auf 41,4 Milliarden EUR. Der Marktanteil der Landesbausparkassen liegt bei rund 35 %.
LBS-Verbandsdirektor Axel Guthmann verwies anlässlich der Veröffentlichung der Jahresergebnisse auf die traditionellen Stärken des Bausparvertrags. Durch den „extrem steilen Anstieg der Kapitalmarktzinsen“ rücke Bausparen wieder verstärkt als sicherer Kapitalaufbau in Verbindung mit dem Anspruch auf ein niedrig verzinstes Darlehen in den Vordergrund. Die Landesbausparkassen zahlten im vergangenen Jahr 10,2 Milliarden EUR aus – ein Anstieg um 10,1 % gegenüber dem Vorjahr.
Auch die privaten Bausparkassen vermelden gute Zahlen. So berichtete die Bausparkasse Mainz etwa über die höchste abgeschlossene Bausparsumme seit 20 Jahren. Insgesamt seien 2022 25.463 Bausparverträge abgeschlossen worden. Die Stückzahl liege zwar 12,1 % unter dem Niveau des Vorjahres, die Bausparsumme von 1,26 Milliarden EUR jedoch um 8,9 % über dem Niveau von 2021.
Das anhaltende Nullzinsniveau hatte das Prinzip des Bausparens de facto entwertet. Die Zinssätze für reguläre Immobilienkredite lagen über Jahre niedriger als die Eingangszinssätze der Bausparkassen – die für die Kreditvergabe eine lange Ansparzeit einfordern.
Ratenkredite: Zinserhöhungen auf breiter Front
Während Bausparverträge durch die Zinswende attraktiver werden, müssen Verbraucher bei Ratenkrediten deutlich tiefer in die Tasche greifen. Anfang 2022 gab es noch Ratenkredite zu Effektivzinssätzen unter 4 %, und zwar auch dann, wenn sogenannte Lokangebote mit fast nie erhältlichem Eingangszinssatz ausgeklammert wurden.
Zinserhöhungen gab es zuletzt etwa bei ING (AS:INGA), Barclays (LON:BARC), HypoVereinsbank, Bank of Scotland, norisbank, Santander (BME:SAN) Consumer Bank und ADAC (der in Kooperation mit einer Bank einen Autokredit anbietet). Gemessen am repräsentativen Zinssatz – den laut Preisangabenverordnung zwei Drittel aller Kunden auch tatsächlich erhalten sollen – bewegen sich übliche Zinssätze für Verbraucherkredite derzeit im Bereich von ca. 5,5-8,5 %.
Neben dem sichtbaren Teil der Preisveränderung – den Zinserhöhungen – gibt es noch einen unsichtbaren Teil. Mit dem steigenden Zinsniveau ändert sich auch die Kreditvergabepraxis der Bank. Die Anforderungen an einen Kredit werden höher. Banken setzen etwa in Ihrer Kalkulation zur Haushaltsrechnung die monatlichen Ausgaben potentieller Kreditnehmer höher an – wodurch ein größerer Anteil durchs Raster fällt.
Bundesbank-Chef Nagel: Weitere signifikante Zinserhöhungen
Sowohl für Bausparverträge als auch für Ratenkredite ist dieselbe Gretchenfrage entscheidend, die derzeit alle Märkte in ihren Bann zieht: Wie weit steigen die Zinsen noch?
Vor wenigen Tagen hatte die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins in der Eurozone um 0,5 % angehoben. Seit dem 8. Februar beträgt der Zins deshalb 3,0 %, der Einlagenzins für Geschäftsbanken 2,5 %. Eine weitere Zinserhöhung im März um abermals 50 Basispunkte ist geplant.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel glaubt nicht, dass es mit der Zinserhöhung im März getan ist. Der Notenbanker sorgt sich um die Preisstabilität. Lasse die Notenbank bei ihren Bemühungen um eine geldpolitische Straffung zu früh nach, können sich die Inflation verfestigen.
Aus seiner Sicht braucht es deshalb weitere „signifikante Zinserhöhungen“. Nur diese gewährleisteten die notwendige „Bremswirkung“, mit der die Inflation „zügig und nachhaltig“ in den Zielbereich der Zentralbank zurückgeführt werden könne.
Die Inflationsrate in der Eurozone lag im Januar bei 8,5 %. Gemessen am Dezemberwert (9,2 %) und dem bisherigen Hoch im Oktober (10,6 %) entspricht dies einem Rückgang. Das Inflationsziel der EZB liegt jedoch bei 2 %.