Vor dem 2. April gingen viele Anleger davon aus, dass Trump Zölle einführen würde, um einen fairen Handel mit anderen Ländern zu ermöglichen. Handelshemmnisse wie Zölle, Steuern, Mehrwertsteuern, Währungsmanipulationen und ähnliche Maßnahmen, die einem solchen fairen Austausch im Weg stehen, sollten durch die Zölle ausgeglichen werden. Einfach gesagt: Trumps Ziel war es, gerechtere Spielregeln im Welthandel zu schaffen.
Tatsächlich scheinen sich die Zölle jedoch eher auf Handelsdefizite zu stützen – und diese entstehen nicht nur durch unfaire Handelspraktiken, sondern auch durch viele andere Faktoren, wie wir weiter unten noch beleuchten. Betrachtet man allein die Maßnahmen vom Mittwoch, deutet vieles darauf hin, dass Trump vor allem auf ausgeglichene Handelsbilanzen abzielt.
Auch wenn „fairer Handel“ und „ausgeglichene Handelsbilanzen“ ähnlich klingen, bedeuten sie nicht dasselbe. Bei ausgeglichenen Handelsbilanzen geht es darum, Im- und Exporte zwischen Ländern möglichst in Balance zu bringen – also gleich viel zu kaufen wie zu verkaufen. Dieses Ziel steht jedoch im Widerspruch zur wirtschaftlichen Theorie des komparativen Vorteils.
Der Ökonom David Ricardo formulierte diese Theorie bereits Anfang des 19. Jahrhunderts. Sie besagt, dass sich Länder auf die Produktion der Güter spezialisieren sollten, die sie im Vergleich zu anderen besonders effizient (d. h. mit geringeren relativen Opportunitätskosten) herstellen können. So lassen sich globale Ressourcen optimal nutzen, wirtschaftliche Effizienz steigern und der Wohlstand weltweit erhöhen.
Die am Mittwoch angekündigten Zölle wirken auf den ersten Blick wie ein Worst-Case-Szenario. Allerdings gehen wir davon aus, dass viele dieser Maßnahmen Teil eines Verhandlungsprozesses sind – mit dem Ziel, Zölle langfristig zu senken. Unsere Hoffnung: Am Ende steht ein fairer Handel – nicht das Streben nach einer rein ausgeglichenen Handelsbilanz.
Berechnungsmethoden für die vorgestellten Zölle
Kurz nach der Bekanntgabe der neuen Zölle wurde auch deutlich, auf welcher Grundlage die Berechnungen erfolgen. Die Regierung legte dabei das Handelsdefizit der USA mit jedem einzelnen Land zugrunde und teilte es durch den jeweiligen Importwert aus diesem Land.
Die folgende Abbildung zeigt die daraus resultierenden Zollsätze auf Basis dieser Formel – im Vergleich zu den tatsächlich angekündigten Zöllen.
Interessant ist: Bei dieser Methode wird das Handelsdefizit durch zwei geteilt, um den neuen Zollsatz zu ermitteln. Das zeigt, dass es hier weniger darum geht, Handelsungleichgewichte vollständig auszugleichen, sondern vielmehr darum, bestehende Defizite zu reduzieren.
Noch einmal betont: Wir gehen davon aus, dass diese Maßnahmen den Auftakt zu einer Reihe von Verhandlungen darstellen werden.
Die Wahrscheinlichkeit von Zinssenkungen durch die Fed steigt
Die Fed befindet sich derzeit in einer echten Zwickmühle. Die neuen Zölle dürften das Wirtschaftswachstum bremsen – unter dieser Annahme wäre eine Zinssenkung durch die Fed ein naheliegender Schritt. Gleichzeitig könnten niedrigere Zinsen jedoch zu einem Anstieg der Preise führen, was die Fed wiederum davon abhalten könnte, genau diesen Schritt zu gehen.
Während der Markt die Auswirkungen der Zölle noch einordnet, signalisiert die erste Reaktion: Zinssenkungen erscheinen wahrscheinlich.
Die folgende Abbildung zeigt den Futures-Kontrakt für die Fed Funds im Dezember. Der erwartete Zinssatz lässt sich berechnen, indem man den angezeigten Preis von 100,00 abzieht. Am Donnerstagmorgen ist dieser erwartete Zinssatz von 96,40 auf 94,54 gefallen – ein Rückgang um 0,14 %, was einer zusätzlichen Zinssenkung um etwa einen halben Prozentpunkt bis Jahresende entspricht.
Die Einschätzungen zu möglichen Zinssenkungen dürften sich in nächster Zeit allerdings recht volatil entwickeln.