Trotz der niedrigen Preise für Lithium verzichtet insbesondere China auf Produktionskürzungen. Das Überangebot könnte sich deshalb bis 2027 fortsetzen. In Europa wird derweil am Ausbau der Produktion gearbeitet.
Der Preis für Lithiumhydroxid liegt aktuell bei rund 10 USD pro kg und damit niedriger als Mitte 2021. In der Zwischenzeit erlebten die Preise des Batteriemetalls eine Achterbahnfahrt: Zunächst kam es zu einem Preisanstieg auf rund 85 USD, dann zum Absturz auf das gegenwärtige Niveau.
Auch wenn die langfristigen Aussichten für die Lithiumnachfrage positiv sind: So schnell dürften frühere Höhen nicht mehr erreicht werden. Der Grund: Das Lithiumangebot übersteigt die Nachfrage. Laut der Großbank UBS (SIX:UBSG) dürfte das weltweite Lithiumangebot in diesem Jahr um 25 % zugelegt haben und im kommenden Jahr um weitere 15 % steigen. Der Angebotsüberhang dürfte laut den Schweizern bis 2027 anhalten.
Lithium-Überangebot geht auf China zurück
Dass Überangebot geht zu großen Teilen auf China zurück. Viele Lithiumminen in China bzw. unter chinesischer Leitung halten die Produktion des Batterierohstoffs trotz der niedrigen Preise aufrecht, um Marktanteile zu wahren.
Bislang halten sich die Minenschließungen und Produktionskürzungen weltweit gesehen in Grenzen. Analysten rechnen deshalb mit einem persistierenden Überangebot auf dem Lithiummarkt. "Einige Anlagen sind in der Produktion, die es eigentlich nicht sein sollten, aber aus ihren eigenen Gründen machen sie weiter", sagte Martin Jackson, Leiter für Batterierohstoffe beim Londoner Rohstoffanalysehaus CRU.
Jackson schätzt, dass etwa 10 % der gegenwärtigen Produktion defizitär erfolgt – nicht nur, aber auch in China, wo die Kosten für den Lithiumabbau mitunter am höchsten ausfallen.
So sieht die chinesische Regierung ihren EV- und Batteriesektor als strategisch an und stützt die Branche durch stabile Rohstoffversorgung und niedrige Kosten. Cameron Perks, Produktdirektor für Lithium beim Beratungsunternehmen Benchmark Mineral Intelligence, weist auf die chinesische Dominanz in Simbabwe hin. Das Land sei innerhalb weniger Jahre zum weltweit viertgrößten Lieferanten von abgebautem Lithium aufgestiegen.
Alle vier aktiven Minen sind mehrheitlich im Besitz chinesischer Unternehmen – arbeiten laut Perks jedoch mit geringen Gewinnen oder sogar in der Verlustzone. Aktuell koste eine Tonne Spodumenkonzentrat mit 6 % Lithium 765 USD. Die Betriebe in Simbabwe operierten mit Kosten von 600-1.000 USD pro Tonne. Dennoch komme es nicht zu Schließungen.
Lithium bald auch aus Sachsen und Serbien?
In Europa könnten in den kommenden Jahren neue Projekte an den Start gehen. Die Zinnwald Lithium GmbH will im sächsischen Erzgebirge in den nächsten 30 Jahren genug Rohstoff für bis zu 18.000 Tonnen Lithiumhydroxid in Batteriequalität abbauen.
Bemerkenswert: Als Bundeskanzler Olaf Scholz diese Woche Zinnwald besuchte, war auch der serbische Präsident Aleksandar Vucic zugegen. In Serbien versucht Rio Tinto (LON:RIO), das Lithiumprojekt Jadar umzusetzen.
Die geplante moderne Untertagemine im Westen Serbiens verfügt über die größte bekannte hochgradige Jadarit-Lagerstätte Europas mit Vorkommen an Lithium und Bor und gilt als entscheidend für eine von China unabhängige Lithiumversorgung.
Rio Tinto hat sich mit dem Einsatz für Jadar ebenso wie mit der geplanten Übernahme von Arcadium Lithium klar positioniert. Der Bergbaukonzern sieht in dem Batteriemetall einen lukrativen Zukunftsmarkt.
Möglicherweise gibt es bald mehrere Lithiummärkte
Wie passen die Ambitionen in Sachsen und Serbien und das Engagement von Rio Tinto zu den trüben Preisaussichten für Lithium? Eine mögliche Antwort darauf könnte sein, dass es in Zukunft zwei Lithiummärkte gibt: Einen unter chinesischer und einen unter westlicher Dominanz.
Eine solche Aufsplittung des Marktes erscheint durch eine Kombination aus Zöllen, wie sie u.a. Donald Trump angekündigt hat, und staatlichen Förderungen wie etwa im Rahmen des Inflation Reduction Act, durchaus greifbar.
Der Preis für westliches Lithium würde sich in einem solchen Szenario aus einem durch Einfuhrzölle verzerrten Marktpreis und einem "gesellschaftlichen Preis", also den durch Zuschüsse, Steuergutschriften etc. anfallenden Kosten, zusammensetzen.