Nachdem die US-amerikanische Börsenaufsichtsbehörde SEC Ende August die Entscheidungen zu den zahlreichen laufenden Bitcoin-Spot-ETF-Anträgen vertagt hatte, scheint der Druck auf den Vorsitzenden Gary Gensler und seine Kolleginnen und Kollegen nun weiter zuzunehmen. Einige Kongress-Abgeordnete wandten sich gestern in einem Brief an ihn und seine Behörde und forderten eine unverzügliche Genehmigung der Anträge.
Das Schreiben der Abgeordneten Mike Flood, Tom Emmer, Ritchie Torres und Wiley Nickel war zwar formell, aber doch sehr deutlich formuliert. Der Brief drückt die dringende Aufforderung aus, die Zulassung von Bitcoin-Spot-ETFs unverzüglich zu genehmigen. Die Abgeordneten argumentieren, dass ein regulierter Bitcoin-Spot-ETF den Anlegerschutz erhöhen würde, indem er einen sichereren und transparenteren Zugang zu Bitcoin-Investitionen ermöglicht. Sie betonen, dass der Kongress die Pflicht hat, sicherzustellen, dass die SEC Anlageprodukte genehmigt, die den vom Kongress festgelegten Anforderungen entsprechen. Die Abgeordneten stellen klar, dass die bisherige Haltung der SEC, Anträge auf Bitcoin-Spot-ETFs abzulehnen, unter den gegebenen Umständen nicht länger haltbar ist. Sie fordern eine umgehende Überprüfung und Genehmigung der vorliegenden Anträge.
Die Kongressmitglieder bezogen sich mit den „gegebenen Umständen“ auf eine Entscheidung des US Court of Appeals for the District of Columbia Circuit, die das Argument der SEC zurückwies, dass Bitcoin-Märkte noch nicht reif genug für die ETF-Zulassung sein. Das Gericht entschied, dass dieser Anspruch die Entscheidung der SEC, den vom Vermögensverwalter Grayscale vorgeschlagenen Bitcoin-ETF abzulehnen, nicht rechtfertigte.
Ist das eine Trotzreaktion der SEC?
Kurz nachdem der Brief bei der SEC eingegangen war, zeigte die Behörde eine unerwartete Reaktion, die von vielen Beobachtern als reine Trotzreaktion interpretiert wurde. Am gestrigen Abend gab die SEC bekannt, dass sie die Entscheidung über die beiden Anträge auf Zulassung der Bitcoin-ETFs von ARK Invest und GlobalX vertagt hat. Diese Ankündigung kam für viele überraschend, da die SEC ursprünglich noch bis November Zeit gehabt hätte, um eine Entscheidung zu treffen.
Einige Experten, wie zum Beispiel der Bloomberg-Analyst James Seyffart gehen jedoch eher davon aus, dass die Behörde dem möglichen Regierungsstillstand („Shutdown“) zuvorkommen möchte, der sich in den USA gerade anbahnt. Ein solcher Shutdown tritt ein, wenn sich das Parlament nicht auf einen Haushaltsplan einigen kann, was zur Schließung von Bundesbehörden führen kann. In diesem Kontext könnte die vorgezogene Entscheidung der SEC also tatsächlich als proaktiver Schritt gesehen werden, um mögliche Verzögerungen oder Unterbrechungen in der Arbeit der Behörde zu vermeiden. Seyffart geht auch davon aus, dass bereits heute oder in den kommenden Tagen auch die anderen Anträge vertagt werden könnten.
In Wirklichkeit gehe ich davon aus, dass die „Verzögerungen“ bei den anderen Einreichungen morgen oder irgendwann in dieser Woche eintreten werden und die SEC einfach einem wahrscheinlichen Regierungsstillstand zuvorkommt.
Und nun?
Ob die SEC aufgrund des stetig wachsenden Drucks ihre Haltung tatsächlich überdenken wird, oder am eigenen Fahrplan, der intern mit Sicherheit zurechtgelegt wurde, festhalten wird, ist unklar. Die Frage, wann und wie die Behörde letztlich über die Anträge entscheiden wird, bleibt weiterhin offen. Der politische Kontext scheint aber zunehmend eine wachsende Rolle zu spielen. Ein möglicher Government Shutdown in den USA könnte nicht nur die Arbeit der SEC beeinträchtigen, sondern auch Unsicherheit in den Finanzmärkten und insbesondere dem Kryptomarkt schüren. Dies könnte wiederum die Volatilität von Bitcoin und Co. erhöhen und das Risikoprofil von Bitcoin-ETFs beeinflussen, was Wasser auf die Mühlen der SEC kippen würde, die den Markt für „noch nicht reif genug“ erachtet.
Gleichwohl ist es spannend zu sehen, dass sich nun auch Kongress-Abgeordnete öffentlich für eine Genehmigung der Anträge einsetzen. Früher oder später wird die SEC also definitiv nachgeben müssen. Und dann darf man gespannt sein, ob dies tatsächlich der erwartete Katalysator für die Zündung einer neuen Preisrallye sein wird.