Kurz nach der ersten Ölkrise in den siebziger Jahren gab es eine Zeit, in der die Emirate und die Königreiche entlang der Küste des Persischen Golfs so viel Bargeld angesammelt hatten, dass die größte Herausforderung für sie darin bestand, wie sie das ganze Geld "sinnvoll" einsetzen könnten.
So entstand ein boomender Eurobond-Markt. Damals bedeutete Eurobond noch auf Dollar dominierende Anleihen, die außerhalb der USA verkauft wurden. Diese Bezeichnung steht in keinem Zusammenhang mit der europäischen Gemeinschaftswährung Euro.
Diese Zeiten sind längst vorbei. Heute sind es gerade jene Emirate, die mit einer Flut von Staatsanleiheemissionen, die eine massive Nachfrage erzeugt haben, internationale Investoren anlocken. Der Grund dafür? Sie weisen einen leichten Aufschlag (höhere Zinsen) gegenüber den US-Treasuries auf.
Reich an Öl, aber knapp bei Kasse
Es ist nicht so, dass Dubai, Abu Dhabi, Katar oder Saudi-Arabien schwere Zeiten durchstehen, trotz der zunehmenden Abkehr von fossilen Brennstoffen und des starken Preisverfalls bei Öl und Gas wegen der Covid-19-Pandemie. Alle diese Reserven sind noch vorhanden, aber die ölreichen Länder des Nahen Ostens haben ein Cashflow-Problem, da sie nicht genug einnehmen, um ihren gewohnten Lebensstil aufrechtzuerhalten.
Die fossilen Brennstoffe befinden sich eindeutig in einer Art Sonnenfinsternis. Das wohl gravierendste Indiz dafür ist, dass der Energiekonzern Exxon aus dem Dow Jones Industrial Average, dem er 1928 als Standard Oil of New Jersey erstmals beigetreten ist, rausgeworfen wurde. Grund dafür ist, dass die Benchmark fortan mehr auf Technologieunternehmen setzt.
Bereitgestellt von Bloomberg
Dennoch scheint der Appetit auf diese Golfanleihen, die durch die Öl- und Gasreserven jedes Landes gedeckt sind, ziemlich groß und bei weitem nicht gesättigt zu sein.
Dubai ist das jüngste Emirat, das Anleihen verkauft und Banken beauftragt hat, Investoren für 10- und 30-jährige Anleihen zu finden - eine Mischung aus konventionellen Wertpapieren und Scharia-Sukuk. Dubai strebt an, bei seiner ersten Anleiheemission seit 2014 bis zu 2 Mrd. USD oder mehr einzusammeln.
Abu Dhabi an der Spitze
Dubai hat nur einen Bruchteil der Ölreserven des benachbarten Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate, die aus insgesamt sieben Emiraten bestehen.
Abu Dhabi war bislang der Vorreiter. In zwei Verkäufen wurden im April und Mai insgesamt 10 Milliarden US-Dollar eingesammelt. Letzte Woche wurde ein neues Angebot in Höhe von 5 Mrd. USD aufgelegt - mit drei Tranchen, drei Jahre, 10-1/2 Jahre und 50 Jahre.
Die Anleihen wurden ausreichend nachgefragt, so dass die Preisfestsetzung unter der anfänglichen Indikation lag. Sie lagen 65 Basispunkte über den US-Treasuries der 3-jährigen Anleihen, 105 Basispunkte für die 10-1/2-jährigen und 270 Basispunkte Aufschlag für die 50-jährigen.
Obwohl viele Regierungen bis 2070 klimaneutral sein wollen, sobald diese langen Anleihen fällig werden, haben die Investoren beherzt zugeschlagen. Die Renditen für ultralange Anleihen können selbst kurzfristig recht hoch sein, da das Phänomen der Duration selbst die kleinste Veränderung der Zinssätze noch verstärkt. Pensionsfonds lieben sie, weil es ihre Laufzeiten besser aneinander angleicht.
Katar verfügt über die drittgrößten Erdgasreserven der Welt, größtenteils offshore, und ist der weltweit größte Exporteur von Flüssiggas. Das Land hat im April 10 Milliarden Dollar aufgenommen, nachdem dieser Betrag 4,5-mal überzeichnet war.
Noch großzügiger war der Spread auf Treasuries mit einer Laufzeit von fünf, zehn und 30 Jahren. Katar verkaufte im vergangenen Jahr Anleihen im Wert von 12 Milliarden Dollar.
Saudi-Arabien schloss sich der Welle im April an und verkaufte 7 Milliarden US-Dollar in drei Tranchen mit Laufzeiten von 5-1/2, 10-1/2 und 40 Jahren, nachdem es im Januar den Markt mit einer 5 Milliarden-Dollar-Emission angezapft hatte.
Das große Interesse der Anleger an diesen Emissionen ist ein gutes Vorzeichen für weitere Verkäufe, da die Golfstaaten den Rückgang der Ölpreise überbrücken. Jeder erwartet eine Erholung der Ölpreise, und auf jeden Fall ist der Break-Even-Preis für Länder wie Abu Dhabi mit niedrigen Produktionskosten nicht sehr hoch.