Die US-Notenbank (Fed) kann sich in ihrem jüngsten Beschluss, die Anleihekäufe endlich zu reduzieren, bestätigt sehen. Denn die Arbeitslosenquote ist in den USA im Oktober weiter zurückgegangen, von 4,8 % im Vormonat auf jetzt nur noch 4,6 %.
Dazu beigetragen hat, dass im vergangenen Monat mehr als eine halbe Million neue Jobs geschaffen wurden. Konkret waren es 531.000 Stellen. Zudem wurde der Wert für August um 117.000 auf 483.000 angehoben. Und im September kamen mit 118.000 fast genauso viele Stellen hinzu (statt 194.000 nun 312.000).
In Summe haben wir es also nun mit 767.000 mehr Beschäftigten in den USA zu tun. Setzt sich die Erholung in diesem Tempo fort, dann erreicht die Arbeitslosenquote das Vorkrisenniveau noch bevor die Anleihekäufe der Notenbank ein Ende gefunden haben.
Fed könnte das Tapering-Tempo erhöhen
Wie gut, dass sich die Fed die Hintertür aufgehalten hat, das Tempo der Drosslung bei Bedarf anzupassen. So ist durchaus denkbar, dass auf einer der kommenden FOMC-Sitzungen beschlossen wird, die Käufe nicht nur um 15 Milliarden Dollar, sondern womöglich sogar um 30 Milliarden zu reduzieren.
Kursanstiege nehmen fahnenstangenartige Züge an
Ich halte dies angesichts der Entwicklungen an den Aktienmärkten sogar für wünschenswert. Denn inzwischen nehmen die Übertreibungen wie befürchtet schon fahnenstangenartige Ausmaße an. So hat der Dow Jones zum Beispiel das Tempo seines jüngsten Kursanstiegs gestern noch einmal deutlich erhöht (siehe grüne Ellipse im folgenden Chart).
Damit hat der Index fast 7 % in nur etwas mehr als 3 Wochen zugelegt. Im Vergleich zum Nasdaq 100 ist der Dow Jones aber eher noch eine lahme Ente. Denn auch der Technologieindex hat jüngst noch einmal eine Schippe draufgelegt (siehe grüne Ellipse im folgenden Chart) und kommt im selben Zeitraum auf ein Plus von fast 12 %.
Zwar hat es die US-Notenbank offensichtlich geschafft, die Märkte nicht zu verunsichern, aber zugleich haben es die Anleger als Signal verstanden, wieder kräftig in den Markt einzusteigen. Und dabei hat sich jüngst wieder eine Stimmung entwickelt, bei der die Gefahr von möglichen Rückschlägen vollkommen ausgeblendet wird.
Eine normale Korrektur würde bereits hohe Kursverluste bedeuten
Um dieser aktuell wieder deutlich erhöhten Spekulation etwas entgegenzusetzen, hätten die Währungshüter aus meiner Sicht dem Markt durchaus einen kleinen Dämpfer verpassen können. Denn je mehr sich die Märkte aufblähen, desto größer fällt in der Regel auch die anschließende Korrektur aus. Und das könnte der Notenbank dann wieder Kopfschmerzen bereiten. Vom Platzen einer Blase will ich dabei gar nicht sprechen. Sondern lediglich von einer völlig normalen Korrektur.
In den vergangenen Wochen und Monaten hat es zwar einige Korrekturen gegeben, aber in den meisten Fällen blieben diese mit Ausmaßen von weniger als 10 % relativ klein (siehe S&P 500-Chart aus der vorgestrigen Börse-Intern oder auch Nasdaq 100-Chart oben). Von normalen Korrekturen kann man da kaum sprechen, sondern eher von Gegenbewegungen in intakten Aufwärtstrends. Bei einer richtigen Korrektur denke ich eher an die Fibonacci-Retracements – also mindestens 23,6 % bzw. eher noch 38,20 % als Mindestkorrekturkursziel. Und eine normale Korrektur kann dabei auch durchaus 50 % des vorangegangenen Kursanstiegs ausmachen. Für die meisten Aktienanleger dürften solche Rücksetzer bezogen auf die gesamten Kursgewinne seit den Tiefs des Corona-Crashs aktuell unvorstellbar sein. Aber genau darin sehe ich das Problem. Denn an der Börse passiert meist genau das, womit die wenigsten rechnen.
Beim DAX besteht die Gefahr eines Fehlausbruchs
Und so sehe ich aktuell auch den DAX wieder kritischer. Insbesondere aber aus dem Grund, weil er den US-Indizes jüngst nicht folgen konnte. Zwar ist auch der deutsche Leitindex vorgestern auf ein neues Rekordhoch gestiegen, doch mit 16.064,79 Punkten lag dieses nur etwas mehr als 34 Zähler über dem bisherigen Rekordkurs von 16.030,33 Punkten vom 13. August. Und mit dem vorgestrigen Schlusskurs von 16.029,65 Zählern konnte man nicht gerade von einem nachhaltigen Ausbruch sprechen. Gestern wurde das neue Rekordhoch zwar überschritten und die Ausbruchsbewegung damit vermeintlich fortgesetzt, aber erneut mangelte es an Anschlussgewinnen. Stattdessen setzten die Kurse ein weiteres Mal zurück.
Die DAX-Anleger scheinen also dem Braten nicht so recht zu trauen. Oder ihnen ist angesichts der bereits zurückgelegten Strecke schlicht die Kraft für den nachhaltigen Ausbruch auf neue Höhen ausgegangen. Und man muss sich die Frage stellen, was wohl mit dem DAX passiert, wenn es in den US-Indizes zu Rücksetzern kommt. Wahrscheinlich wird der DAX dann deutlich unter sein ehemaliges Rekordhoch zurückfallen, womit wir es mit einem Fehlausbruch zu tun hätten. Und dieser könnte dann, wie so oft, eine stärkere Bewegung in die entgegengesetzte Richtung nach sich ziehen.
Womöglich bekommen wir es dann mit einer normalen Korrektur im kurzfristigen Bereich zu tun. Und wenn diese 38,20 % der aktuellen Kursgewinne ausmacht, landet der DAX bei 15.601,22 Punkten und damit wieder in seiner Seitwärtsspanne. Ich erinnere dazu an meine Worte aus der Börse-Intern vom 2. November:
„Ich kann mir gut vorstellen, dass die Kraft der Bullen sogar noch für ein neues Rekordhoch reicht. Das Kursziel aus Sicht der Target-Trend-Methode ist dabei die Rechteckgrenze bei 16.140 Punkten. Entscheidend wird auf dem Weg dorthin aber sein, wie sich die Kurse an der psychologisch wichtigen Marke von 16.000 Punkten und dem knapp darüber liegenden Rekordhoch bei 16.030,33 Zählern verhalten werden. Und da die aktuelle Aufwärtsbewegung nun schon binnen kurzer Zeit sehr weit gelaufen ist, kalkuliere ich ein, dass der DAX durchaus noch einmal bis in seine Seitwärtsrange zurückfällt (gelbes Rechteck). Ob das vor einem neuen Rekordhoch oder danach geschieht, das lässt sich leider nicht sagen.“
Inzwischen sind wir schlauer: Vor einem neuen Rekordhoch ist es nicht geschehen. Womöglich passiert es aber nach dem neuen Rekordhoch. Das würde auch zu dem oben eingezeichneten Elliott-Wellen-Szenario passen. Vergessen Sie also nicht, Gewinne mitzunehmen oder diese enger abzusichern.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus