Codelco und SQM besiegeln einen langfristigen Deal und setzen damit die Lithiumstrategie von Präsident Gabriel Boric um. Die Vereinbarung stößt allerdings auf Kritik von Aktionären und Abgeordneten. Bemängelt werden mangelnde Transparenz und das hohe Gewicht eines Pinochet-Schwiegersohns.
Der in Staatsbesitz befindliche chilenische Kupferbergbaukonzern Codelco und der Lithiumproduzent SQM haben sich am Freitag endgültig auf ein Agreement zur Gewinnung des Batteriemetalls geeinigt.
Die Vereinbarung sieht eine Mehrheitsbeteiligung von Codelco vor, wie sie durch die Lithiumstrategie des Präsidenten Gabriel Boric vorgesehen ist. Der neue Vertrag ersetzt eine alte Vereinbarung von SQM aus dem Jahr 2018, die mit der chilenischen Wirtschaftsentwicklungsagentur Corfo geschlossen worden war und eigentlich noch bis 2030 läuft. Der nun abgeschlossene Deal tritt 2025 in Kraft und läuft bis 2060 – ab 2031 den unter der Führung von Codelco.
Lithiumproduktion soll bis 2060 auf 300.000 t steigen
"So wie wir dazu beigetragen haben, Chile zum weltweit führenden Kupferproduzenten zu machen, werden wir jetzt dazu beitragen, unser Land zu einem führenden Land in der Lithiumproduktion zu machen", kommentierte Codelco CEO Maximo Pacheco.
Der Vertrag besiegelt eine im Dezember abgeschlossene Vorvereinbarung und ermöglicht eine Steigerung der Lithiumproduktion auf 300.000 t bis zum Jahr 2060.
Im März hatte die Regierung ihren Fahrplan für die nationale Lithiumstrategie veröffentlicht. Diese Strategie war im vergangenen Jahr beschlossen worden. Die Strategie definiert drei Arten von Salinen.
Für strategische Salinen ist eine staatliche Mehrheitsbeteiligung durch Codelco und Enami vorgesehen. Eine zweite Kategorie definiert Bereiche, die unter Naturschutz gestellt werden sollen – nach Angaben der Regierung wachsen diese Gebiete durch die neuen Regelungen um 30 %.
Die Dritte Kategorie umfasst Salzebenen für Exploration und Abbau. In diese Kategorie fallen die Salinen in den Regionen Arica und Parinacota, Tarapacá, Antofagasta (LON:ANTO) und Atacama, die nicht Teil des vorgeschlagenen Netzwerks geschützter Salinen sind und auch nicht als strategisch eingestuft werden.
In diesen Gebieten ist keine staatliche Mehrheitsbeteiligung erforderlich. Hier will die Regierung vielmehr ausländische Investoren gewinnen.
Kritik an mangelnder Transparenz und Pinochet-Schwiegersohn
In Chile regt sich Kritik an dem Deal. Viele Beobachter hätten eine andere Lösung mit einer geringeren Bedeutung von SQM vorgezogen.
So kritisierte der Abgeordnete Cristian Tapia, dass SQM durch den ehemaligen Schwiegersohn des Diktators Augusto Pinochet, Julio Ponce Lerou, kontrolliert wird. Dieser wurde 2014 wegen illegalen Handels mit Aktien seiner Holdinggesellschaften zu einer Geldstrafe verurteilt. Etwa zur gleichen Zeit war SQM in einen Fall verwickelt, in dem es um die illegale Finanzierung politischer Parteien ging.
Im August vergangenen Jahres hatte Ponce Lerou seine Kinder in die Vorstandsebenen von von Pampa Calichera, Nitratos of Chile, Potassium of Chile, Norte Grande und Oro Blanco berufen. Bei diesen Unternehmern handelt sich um Investmentgesellschaften, die an SQM beteiligt sind.
Mit diesem Winkelzug, so sehen es Kritiker, umgeht Ponce Lerou eine Regelung des Vertrags zwischen Codelco und SQM, der vorsieht, dass Vorstandsmitglieder das Joint Ventures nicht länger als zehn Jahre im Vorstand von Codelco oder SQM tätig gewesen sein dürfen. Ponce Lerou persönlich wird durch diese Klausel ausgeschlossen.
Kritik kommt jedoch auch aus den Reihen der (nicht mit Ponce Lerou verbundenen) Aktionäre. Die Tianqi Lithium – der zweitgrößte SQM-Aktionär – pocht auf eine Verabschiedung des Deals durch eine Abstimmung der Aktionäre.
Das chinesische Unternehmen, das 2018 einen 22-prozentigen Anteil an SQM für 4 Milliarden Dollar erworben hatte, kritisiert den Verlauf der Verhandlungen. So seien seitens SQM keine Bedingungen bekanntgegeben worden, der Zugriff auf vertrauliche Informationen sei eingeschränkt gewesen. Tianqi Lithium hat deshalb rechtliche Schritte nicht ausgeschlossen.