Die globale Rohstoffkrise hat das Zeug, das Niveau der 70er Jahre zu erreichen. Davon ist die Citigroup (NYSE:C) überzeugt. Wie die Bank laut der Nachrichtenagentur Bloomberg in einem aktuellen Bericht mitteilt, werden die Rohstoffkonsumenten weltweit an Produzenten von Rohstoffen in diesem Jahr 5,2 Billionen USD mehr zahlen als noch im Jahr 2019. Grund dafür sind die stark angestiegenen Rohstoffpreise.
Globale Rohstoffrechnung steigt um 5,2 Billionen USD
Der Anstieg der Ausgaben für Rohstoffe entspricht demnach 5 % des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Dabei muss dies noch nicht einmal das Ende der Fahnenstange bedeuten.
Wie die Citigroup weiter nachgerechnet hat, könnte der Preisaufschlag sich global auf 6,3 Billionen USD summieren, was 6,2 % des globalen BIP entspräche. Dazu kommt es laut der Szenariorechnung des Hauses, falls sich an den derzeit am Terminmarkt gehandelten Preisen in der zweiten Jahreshälfte nichts ändert.
Ob nun 5,2 oder 6,3 Billionen USD: In jedem Fall handelt es sich der Citigroup zufolge um einen Schock, der mit der Ölkrise Anfang der 70er Jahre vergleichbar ist. Die Analysten warnen: Je länger die Phase der hohen Preise andauere, desto größer seien die negativen Auswirkungen auf die Verbraucher, das weltweite Wirtschaftswachstum und die Aktienmärkte.
Europa und Emerging Markets besonders anfällig
Die Auswirkungen der hohen Rohstoffpreise treffen nicht alle Wirtschaftsräume gleich. Als besonders anfällig betrachtet die Citigroup Europa und einige Schwellenländer. Diese Länder könnten besonders stark unter Wachstumseinbrüchen leiden, sollte das Preisniveau anhalten. Einige südamerikanische Währungen könnten dagegen sogar profitieren.
Europa werde in einem Szenario langfristig hoher Rohstoffpreise mit einer besonders hohen Wahrscheinlichkeit in die Rezession schlittern. Auch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Produktion würde den Analysten zufolge stark beeinträchtigt. Die Inflation reduziere das verfügbare Realeinkommen der europäischen Haushalte aktuell bereits um 2 % pro Jahr.
Citi weist ausdrücklich darauf hin, dass es bei jedem Rohstoffboom Gewinner und Verlierer gebe. Die Gesamtauswirkungen für den Konsum und das globale Wachstum seien jedoch insgesamt negativ.
Steigende Zinsen als zusätzliche Belastung
Dass Europa stark von der Rohstoffkrise betroffen ist, liegt an den hohen Importen bei gleichzeitig geringen eigenen Vorkommen. Länder mit eigenen Aktivitäten im Rohstoffbereich können die steigenden Preise gesamtwirtschaftlich zum Teil ausgleichen.
Wie deutlich sich dies bemerkbar macht, zeigt ein Blick auf die Entwicklung des DAX im Vergleich zum britischen Leitindex FTSE100. Während letzterer seit Jahresbeginn lediglich um 4,7 % zurückgegangen ist, verlor der deutsche Leitindex mehr als 17 %. Im britischen Index sind viele Rohstoffunternehmen enthalten.
Europa könnte – ebenso wie viele Schwellenländer – auch unter der Zinswende leiden. Insbesondere wird bei einem steigenden Zinsniveau ein Anstieg der Risikoprämie für Staatsanleihen bestimmter Länder befürchtet. Schwellenländer leiden bei einem Zinsanstieg im US-Dollar häufig unter einer Abwertung ihrer Währung und steigenden Ausgaben für den Schuldendienst.
Argentinien erwartet Exportrekord – Währung wertet trotzdem ab
Die Auswirkungen der Rohstoffpreise auf Währungen richten Sie nach diversen Parametern – etwa den Konditionen laufender Verträge, der Auslandsverschuldung etc. Ein Beispiel für die Komplexität der Situation ist Argentinien.
Das südamerikanische Land erwartet in diesem Jahr einen Rekordexport in Höhe von 90 Milliarden USD. Im Vergleich zu 2019 entspricht dies einem Anstieg um 38 %. Hohe Preise gibt es für verschiedene argentinische Exportgüter wie Soja, Weizen und Mais.
In Argentinien befinden sich zudem bedeutende Lithiumvorkommen, an deren Erschließung viele internationale Unternehmen arbeiten und die ebenfalls die Exporte mittelfristig ankurbeln könnten.
Allerdings herrscht in Argentinien eine chronische Devisenknappheit. Das Land benötigt dringend mehr Exporterlöse, um Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Internationalen Währungsfonds (IWF) einzuhalten. Der argentinische Peso hat seit Jahresbeginn gegenüber dem Euro deutlich abgewertet. Wurden zum Jahreswechsel für einen Euro noch rund 117 Peso bezahlt, sind es aktuell 130.