Aus deutscher Sicht gibt es – außer dem WM-Auftakt gestern Abend gegen Portugal – drei wichtige Ereignisse in dieser Woche: die Veröffentlichung der ZEW-Konjunkturerwartungen am Dienstag, das Ergebnis der Fed-Sitzung am Mittwoch sowie der große Verfallstag am Freitag. Drei wichtige Ereignisse in dieser Woche
Bei den ZEW-Konjunkturerwartungen geht es darum, ob nach fünf Rückgängen dieses Indikators in Folge nun wieder eine Verbesserung der Einschätzung zu beobachten ist. Ein positiver Konjunkturausblick könnte auch auf den DAX stabilisierend wirken, der ja zuletzt etwas unter Druck kam.
Ähnliches gilt für das Statement zur Fed-Sitzung und insbesondere für die diesmal wieder stattfindende Pressekonferenz von Fed-Chefin Yellen im Anschluss daran. Auch hier ist natürlich die Konjunktureinschätzung der Fed wichtig. Schließlich erwarten Analysten und Ökonomen nach dem – witterungsbedingt – schwachen Jahresauftakt einen deutlichen Nachholeffekt im zweiten Quartal. Diese Hoffnung sollte die Fed natürlich möglichst weiter aufrechterhalten.
Wichtiger sind jedoch Hinweise auf die weiteren Schritte der Fed bei der weiteren Rückführung ihrer ultralockeren Geldpolitik, denn die Reduzierung der Anleihekäufe wird im Herbst voraussichtlich ihr Ende finden. Dies und die erwartete starke Konjunktur führten zuletzt zunehmend zu Spekulationen um neue, unorthodoxe Maßnahmen der Fed. Hintergrund ist, dass die Fed die überschüssige Liquidität im System zwar abziehen, dabei aber die Marktzinsen für Wirtschaft und Staat trotzdem möglichst niedrig halten will. Yellens diesbezügliche Äußerungen auf der Pressekonferenz über entsprechende konkrete Pläne der Fed könnten also die Märkte durchaus heftiger bewegen.
Bisher lief zum Verfallstag alles nach Plan
Am spannendsten aus Sicht eines DAX-Traders/-Anlegers ist jedoch die Situation zum Verfallstag. Jochen Steffens hatte bereits Ende Mai einen sehr frühen Blick auf die Konstellation an der Terminbörse geworfen (siehe Steffens Daily vom 28.05.2014).
Das damals noch mögliche Szenario eines nachhaltigen Ausbruchs des DAX über 10.000 Punkte mit nachfolgendem weiteren dynamischen Kursanstieg aufgrund der Absicherungsmaßnahmen der Stillhalter ist bisher ausgeblieben. Wir sahen hingegen – insbesondere in den vergangenen Handelstagen – die „normale“ Bewegung der Kurse in Richtung des idealen Zielwerts aus Sicht der Stillhalter, der damals bei 9.500 Punkten lag.
Inzwischen hat sich jedoch die Verteilung des Open Interest wie erwartet deutlich geändert (siehe nachfolgende Grafik).
Quelle: Eurex
Nach wie vor befinden sich bei 9.500 Punkten große Call- bzw. Put-Positionen, die jedoch nun durch etwa gleich große Positionen bei 9.600 verstärkt worden sind (grüner Pfeil). Sofern es nicht zu einem drastischen Markteinbruch aufgrund externer Ereignisse (z.B. Irak) kommt, sind Kurse unter 9.600/9.500 Punkte bis zum Freitag also extrem unwahrscheinlich.
Neue Zielmarke aus Sicht der Verfallstagspositionierung
Zudem liegt mittlerweile auch eine signifikante Put-Position (rote Balken) bei 9.800 Punkten (siehe schwarzer Pfeil). Hier befand sich Ende Mai nur die nach wie vor vorhandene Call-Position. Mit der neu entstandenen Put-Position wurde sozusagen eine zusätzliche Absicherungsebene nach unten eingezogen. Kurse unter 9.800 Punkten werden die Stillhalter nun nach Möglichkeit nicht mehr zulassen, um diese neue Put-Position nicht ins Geld laufen zu lassen.
Gleichzeitig dient die 9.800er Marke nun auch als Zielwert, denn eine Abrechnung auf diesem Niveau würde zugleich auch die dortige Call-Position wertlos verfallen lassen. Und tatsächlich erkennen wir bereits eine Annäherung der Kurse an diese Marke. Sofern also keine stärkeren externen Impulse auftreten, könnten wir bis zum Wochenende eine Seitwärtsbewegung der Kurse im Bereich von 9.800 Punkten sehen.
Dafür spricht auch, dass die Anleger im Vorfeld der Fed-Sitzung am Mittwochabend in der Regel ohnehin abwarten. Allerdings könnte es danach – im DAX also am Donnerstag – sehr hektisch werden, wenn Statement oder Yellen-Äußerungen die Märkte bewegen.
Sofern es dabei oder aus anderen Gründen zu einem unerwarteten Wiederanstieg der Kurse kommt, wirkt nach oben die 10.000-Punkte-Marke weiterhin als Widerstand. Hier liegt immer noch die bereits Ende Mai vorhandene Call-Position (siehe roter Pfeil). Erst ein nachhaltiger Ausbruch über 10.000 Punkte würde zusätzliche Absicherungsmaßnahmen der Stillhalter auslösen, welche die Kurse danach weiter dynamisch nach oben treiben könnten. Aber auch dieses Szenario ist aus aktueller Sicht eher unwahrscheinlich.
Fazit
Die Zielmarke aus Sicht der Verfallstagspositionierungen der Stillhalter liegt für den DAX bei 9.800 Punkten, die am Donnerstag bzw. Freitag erreicht werden sollte. Unterhalb dieses Niveaus liegt eine „Pufferzone“, die bis 9.500 Punkte reicht und nach unten eine starke kurzfristige Unterstützung darstellt. Erst Kurse unter 9.500 Punkten würden zu weiteren dynamischen Verlusten führen.
Nach oben ist weiterhin die 10.000-Punkte-Marke die entscheidende Barriere – auch aus Sicht der Stillhalter. Ein nachhaltiger Ausbruch über diese „magische“ Marke würde die Stillhalter zu Absicherungsmaßnahmen zwingen und dadurch die Kurse weiter nach oben treiben.
Torsten Ewert
Stockstreet GmbH