Für den gestrigen US-Arbeitsmarktbericht lagen die Konsensschätzung bei einem Stellenplus von 870.000. Und am Mittwoch hatte ich berichtet, dass Christopher Waller, Mitglied im Vorstand der US-Notenbank, sogar einen Anstieg der Beschäftigung um bis zu einer Million für möglich hält. Zudem mahnte ich, dass die schwachen ADP-Daten womöglich kein geeigneter Vorbote sind.
Mehr als 1 Million neue Jobs
Nun, tatsächlich wurden im Juli 943.000 neue Stellen gemeldet. Zudem wurde der Wert für Mai von 583.000 auf 614.000 und der Juni-Wert von 850.000 auf 938.000 nach oben revidiert. Macht in Summe 119.000 zusätzliche Stellen.
Die Arbeitslosenquote nahm dadurch um ganze 0,5 Prozentpunkte auf 5,4 % ab.
Angesichts solcher Zahlen wird es für die US-Notenbank immer schwieriger, an ihrer ultra-lockeren Geldpolitik festzuhalten. Aber das scheinen die Währungshüter bereits zu wissen. Denn inzwischen gibt es immer mehr Stimmen, die den Markt auf ein baldiges Tapering einstimmen.
Der nächste Notenbanker meldete sich zu Wort
Vorgestern meldete sich noch Neel Kashkari zu Wort. „Wenn wir im Herbst einen sehr starken Arbeitsmarkt sehen, können wir sagen, dass wir wahrscheinlich 'erhebliche weitere Fortschritte' gemacht haben“, sagte der Präsident der US-Notenbank von Minneapolis. Und er nahm damit Bezug auf das Mantra der Fed, wonach erst weitere Verbesserungen am Arbeitsmarkt erreicht werden müssen, bevor mit einem Ausstieg aus den Anleihenkäufen begonnen werden könne. Doch diese Fortschritte sind schon jetzt deutlich sichtbar.
Allerdings beobachtet auch Kashkari die zunehmenden Corona-Zahlen mit Sorge. „Der Knackpunkt ist jetzt Delta“, sagte er dazu. Die Mutante könne Menschen davon abhalten, in ihre Jobs zurückzukehren und Kinder von Schulen fernhalten. Und wenn die Variante dazu führe, dass sich der Arbeitsmarkt viel langsamer erhole, dann werde das dazu führen, dass er den Ausstieg aus den Käufen überdenke.
Was bullish ist, ist zugleich bearish
Im Grunde stecken die Märkte damit in einer Zwickmühle. Sollten die Corona-Zahlen weiter steigen, könnte dies früher oder später zu einer Belastung für die Wirtschaft werden. Das wäre negativ für Aktien. Doch in diesem Fall würde die Notenbank weiterhin unterstützen, was wiederum positiv für Aktien wäre.
Und das Gleiche gilt umgekehrt: Bleibt eine erneute Konjunktur-Belastung durch Corona aus, ist das positiv für Aktien. Doch dann wird die Notenbank ihre Anleihekäufe drosseln, was zumindest kurzfristig zu Gewinnmitnahmen führen könnte.
Aktienmärkte bleiben stark
Trotz der sehr starken US-Arbeitsmarktdaten fürchten die Anleger aber kein Tapering – und scheinbar auch sonst nichts. Denn im Vorfeld der gestrigen Datenveröffentlichung kam es an den Aktienmärkten zu Kursgewinnen. Nasdaq 100, S&P 500 und Dow Jones konnten sogar neue Rekordstände erklimmen. Und auch nach Bekanntgabe der Daten gab es nur moderate Rücksetzer, und dass auch lediglich beim Nasdaq 100.
DAX zurück am Rekordhoch
Auch der DAX hat sein Rekordhoch erreicht, wenn auch noch nicht überwunden (siehe roter Pfeil im folgenden Chart).
Und das alles im eigentlich schwachen August. Ich bin gespannt, was die Anleger zu Gewinnmitnahmen bewegen könnte. Aktuell fällt mir kaum etwas ein, weil die Kauflaune unerschütterlich scheint. Denken Sie dennoch an Gewinnmitnahmen. Schließlich könnte der DAX nun am Rekordhoch abprallen. Zumal die aktuelle Aufwärtswelle zum Allzeithoch hin wesentlich weniger dynamisch verlaufen ist als die vorherige Kurserholung vom Tief des 19. Juli. Es ist daher fraglich, ob die Kraft der Bullen für den Sprung über so eine markante Marke wie ein Rekordhoch im aktuellen Anlauf ausreicht.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg an der Börse
Ihr
Sven Weisenhaus