Dein „Garten-Guide” für 2025: Wie du dein Portfolio richtig pflegst und Risiken managst

Veröffentlicht am 17.01.2025, 18:57
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2023 und 2024 haben vielen Anlegern beachtliche Gewinne beschert, und mit Blick auf 2025 sind viele Marktteilnehmer entsprechend euphorisch. Die Erträge waren hoch – und das bei einer Volatilität, die nicht deutlich über dem langjährigen Durchschnitt liegt.

Jährliche vs. unterjährige Renditen

Doch auch wenn die meisten Analysten und Investoren ein weiteres gutes Jahr erwarten, kann es jederzeit zu einer Enttäuschung kommen. Warum? Weil unerwartete, externe Faktoren (sogenannte exogene Schocks) plötzlich die Gewinnerwartungen kippen können. Wenn ein Ereignis eintritt, das von niemandem einkalkuliert wurde, kann es an den Märkten rasant abwärtsgehen. Dieses Risiko steigt, sobald Anleger übermütig werden und zu viel Risiko ins Portfolio packen – oft begünstigt durch jahrelange Kursanstiege und scheinbar endlose Bullenmärkte.

Ein Artikel von ARS Technica beschreibt das Problem der Überconfidence (Übermut bzw. übermäßiges Selbstvertrauen) von Anlegern sehr treffend:

„Es gibt umfangreiche akademische Literatur zu den Risiken, die Anleger eingehen, wenn sie zu selbstsicher sind, den Markt schlagen zu können. Sie neigen dazu, häufiger zu handeln, selbst wenn sie dabei Verluste machen. Sie verschulden sich zu stark und diversifizieren ihr Portfolio nicht ausreichend. Wenn der Markt dann heftig ausschlägt, tendieren sie zu Überreaktionen. Trotz aller Belege fehlten jedoch bisher harte Daten dazu, warum Anleger überhaupt so selbstsicher werden.“

In unserem Beitrag „Bull Markets & Why We Repeat Our Mistakes“ haben wir folgende Verhaltensfehler aufgeführt, die Dalbar als Hauptursachen für Underperformance identifiziert hat:

  1. Loss Aversion
    Die Angst vor Verlusten führt dazu, Kapital genau zum schlechtesten Zeitpunkt abzuziehen („Panic Selling“).

  2. Narrow Framing
    Entscheidungen werden isoliert für einzelne Depotpositionen getroffen, ohne die Auswirkungen auf das Gesamtportfolio zu berücksichtigen.

  3. Anchoring
    Man verharrt auf vergangenen Ereignissen oder Kursniveaus und passt sich nicht an veränderte Marktbedingungen an.

  4. Mental Accounting
    Anleger bewerten die Performance einzelner Investments getrennt voneinander, um Gewinne oder Verluste zu rechtfertigen.

  5. Lack of Diversification
    Fälschliche Annahme, das Portfolio sei breit gestreut, obwohl es hauptsächlich aus hoch korrelierten Assets besteht.

  6. Herding
    Man folgt dem, was alle machen: „Buy High, Sell Low“ ist dann fast vorprogrammiert.

  7. Regret
    Fehlende Umsetzung notwendiger Handlungen aus Angst, denselben Fehler wie in der Vergangenheit zu wiederholen.

  8. Media Response
    Die Medien neigen zu Optimismus, um Klicks, Abonnenten und Werbekunden zu gewinnen.

  9. Optimism
    Übermäßig optimistische Einschätzungen können zu heftigen Gegenbewegungen führen, wenn die Realität ihre Grenzen aufzeigt.

Insbesondere in Bullenmärkten sind „Herding“, „Lack of Diversification“ und „Anchoring“ weit verbreitet. Diese Verhaltensmuster verstärken sich gegenseitig und sorgen dafür, dass Anleger Fehler machen. Du kennst sicher den Spruch:

„Bullenmärkte verdecken Anlagefehler, Bärenmärkte machen sie sichtbar.“

Die folgende Grafik zeigt, wie stark „Reversion to the Mean“ – also das Rückkehren zum Mittelwert – als Kraft am Markt wirkt:

Reversion to the Mean

Gerade deshalb lohnt es sich, dein Portfolio so zu managen, wie du deinen Garten pflegst. Zahlreiche Studien aus der Verhaltensökonomie zeigen, wie stark psychologische Faktoren die immer wiederkehrenden Fehler von Anlegern in Auf- und Abschwungphasen beeinflussen. Es bilden sich besonders viele „ungute“ Verhaltensmuster während langer Bullenmärkte, die langfristig zu schlechteren Ergebnissen führen können.

Warum Investieren wie Gärtnern ist

Wer langfristig investiert, macht einen der größten Fehler, indem er sein Risiko nicht aktiv managt. Die meisten von uns können prima „kaufen“, aber beim „Verkaufen“ versagen wir oft. Das liegt unter anderem daran, dass in den Medien fast ausschließlich Kaufempfehlungen zu hören sind. Somit rückt das Thema „Verkaufen“ in den Hintergrund. Doch die Kaufentscheidung ist nur die halbe Miete. Viele verkaufen erst dann, wenn Verluste schon zu groß geworden sind. Genau das mündet oft in das bekannte Schema „Buy High, Sell Low“.

Im Laufe der Zeit bin ich immer wieder zu unserem „Garten-Prinzip“ zurückgekehrt, um Anlegern das Risikomanagement leichter zu erklären:

  • Frühling: Du bereitest das Feld vor und pflanzt Samen für die Sommerernte.
    Du musst allerdings gießen, düngen und Unkraut zupfen – sonst wächst nichts.
  • Sommer: Es ist Erntezeit. Dann drehst du die Erde für den Herbst und die nächste Aussaat.
  • Herbst: Hier erntest du nochmal, bevor der erste Winter kommt.
    Sobald es schneit und friert, musst du die letzten Früchte eingebracht haben.

Viele Anleger beherrschen das „Pflanzen“, vergessen aber das „Ernten“. Was passiert, wenn das Gemüse nicht geerntet wird? Es verfault. Für gute Erträge im Garten braucht es kein Glück, sondern Planung: Säen, pflegen, ernten und wieder neu bepflanzen. Genauso solltest du beim Investieren vorgehen, um die Risiken zu steuern und die Früchte deines Erfolgs wirklich zu genießen.

Schritte für einen „Grünen Daumen“

Um ein erfolgreiches und ertragreiches „Gartenjahr“ zu haben, brauchst du einen Plan:

  1. Boden vorbereiten:
    Genug Cash ansammeln, um ein gut diversifiziertes Portfolio aufzubauen.

  2. Saisonabhängig pflanzen:
    Baue deine Allokation entsprechend der aktuellen Markt- und Wirtschaftsphase auf.

  3. Wässern und düngen:
    Fülle regelmäßig frisches Kapital nach (z. B. Sparpläne), damit du immer bereit bist, neue Chancen zu nutzen.

  4. Unkraut jäten:
    Verkaufe Verlierer und Nachzügler – Unkraut „erstickt“ sonst deine gesunden Pflanzen.

  5. Ernten:
    Nimm regelmäßig Gewinne mit, damit dir deine Gewinne nicht „am Rebstock verfaulen“.

  6. Nach der Saison wieder bepflanzen:
    Halte Ausschau nach neuen Investments, wenn der Markt neue Chancen bietet.

Im Leben hat alles seinen Zyklus – auch an den Märkten. Die „Saisons“ ergeben sich aus technischen und ökonomischen Faktoren, während die großen „Zyklen“ eher durch Bewertungen bestimmt werden. Werfen wir einen Blick auf das folgende Sektoren-Rotationsmodell:

Sektorrotation

Momentan deuten die „technischen und ökonomischen“ Signale darauf hin, dass wir uns tief im „Herbst“ befinden und der „Winter“ anklopft. Deshalb treffen wir schon jetzt Vorkehrungen, um unser „Depot-Gärtchen“ winterfest zu machen, bevor ein möglicher Kälteeinbruch – also eine scharfe Markt-Korrektur oder gar Rezession – kommt.

2025: Dein „Gartenjahr“ beginnt jetzt

Die wichtigste Vorbereitung für 2025 ist es, dein Portfolio von allem Ballast zu befreien, der dich ausbremst.

Schritt 1: Mach dein Portfolio winterfest

  1. Stop-Loss-Marken anheben und auf aktuelle Unterstützungsniveaus setzen.
  2. Absicherungsstrategien (Hedges) prüfen oder aufbauen, um vor größeren Drawdowns geschützt zu sein.
  3. Gewinne bei Positionen mit enormen Kurszuwächsen realisieren.
  4. Verlierer und Dauerläufer konsequent verkaufen.
  5. Cash-Quote erhöhen und das Portfolio auf die Zielgewichtungen zurücksetzen (Rebalancing).

Wie du siehst, geht es nicht darum, alles zu verkaufen und komplett in Cash zu gehen. Timing – also „ganz rein oder ganz raus“ – ist langfristig ein Hauptgrund für Underperformance. Stattdessen wollen wir das Portfolio nur so justieren, dass es eine mögliche Abwärtsphase gut übersteht.

Schritt 2: Rebalanciere dein Depot auf ein belastbares Modell

  • Wo musst du neue Positionen aufbauen oder bestehende aufstocken?
  • Wie viele Aktienanteile werden für die Zielallokation benötigt?
  • Wie viel Kapital brauchst du, um diese Käufe zu tätigen?
  • Identifiziere, wo du im Depot Umschichtungen vornehmen kannst, um das nötige Geld freizusetzen.
  • Definiere deine Einstiegsniveaus für neue Positionen.
  • Lege Stop-Loss-Level und Gewinnmitnahmemarken fest.

(Regel Nummer 1: „Investiere niemals, ohne zu wissen, wann du verkaufst – egal ob du richtig oder falsch liegst.“)

Schritt 3: Nutze die richtigen Marktphasen für deine „Pflanzaktionen“

Hast du erstmal einen Plan, geht es darum, die geeigneten Unternehmen oder ETFs zu identifizieren. Priorisiere Wertpapiere, die entweder einen Value-Charakter haben oder aktuell von ihrem Hoch zurückgekommen sind und so einen besseren Chance-Risiko-Einstieg ermöglichen. Lege fest, bei welchen Kursniveaus du einsteigst, und beobachte den Markt, bis sich der richtige Moment ergibt.

Der Nutzen eines aktiven Portfoliomanagements

Warum die ganze Mühe?

  • Wenn die Märkte korrigieren, hast du Ballast abgeworfen und schützt dein Kapital vor noch tieferen Verlusten.
  • Wenn die Märkte weiter steigen, kannst du immer noch umsteigen oder neue Positionen eröffnen. So bist du trotz Vorsicht keineswegs komplett abgekoppelt vom Aufwärtstrend.

In „Predictions For 2025 Using Valuations“ haben wir uns bereits damit beschäftigt, wie es nächstes Jahr weitergehen könnte – abhängig von Geldpolitik, Wirtschaftswachstum und Gewinnprognosen. Dabei haben wir zwei Szenarien untersucht: Das erste geht davon aus, dass Analysten mit ihren recht hohen Gewinnausblicken (251 US-Dollar pro Aktie im S&P 500) Recht behalten. Die zweite Option berücksichtigt, dass Analysten oft zu optimistisch sind und im Laufe des Jahres die Prognosen nach unten korrigieren (möglicherweise Richtung 220 US-Dollar pro Aktie).

Schätzungen

Keiner weiß, was in den nächsten Wochen oder Monaten an den Märkten wirklich passiert – geschweige denn, wie sich 2025 entwickelt. Was wir allerdings wissen: Wer kein Risikomanagement betreibt, läuft Gefahr, sich langfristig die Rendite zu ruinieren.

Fazit

Dein Depot benötigt zwar nicht täglich Aufmerksamkeit, aber ein bisschen „Gartenarbeit“ schadet nie. Das „Garden Guide“-Prinzip soll dabei helfen, dass du deine Investitionen nicht nur startest, sondern auch erfolgreich pflegst, erntest und erneuerst. Denke daran: Nur weil du heute „ansätst“, heißt das nicht, dass du morgen schon reichlich Ertrag erwarten kannst. Wer langfristig denkt, darf durchaus mal kurzfristig hinter dem Markt zurückbleiben, wenn damit die Gefahr großer Verluste eingedämmt wird. Letztlich soll dir deine Ernte auch im Ruhestand noch etwas bringen.

Und in einer starken Marktphase (der „letzten Sommerwärme“) wirst du vielleicht ein bisschen weniger Rendite mitnehmen, wenn du dein Portfolio bewusst absicherst. Aber wenn der nächste „Wintereinbruch“ – sprich die nächste Korrektur – kommt, bist du dank deiner Vorbereitungen gegen „Frostschäden“ gewappnet.

Bleib also wachsam, pflege dein Portfolio regelmäßig und denke immer an den Zyklus: Säen, Düngen, Ernten. Das ist der Weg zum grünen Daumen – und zu einem gesunden Depot.

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