Manchmal ist Börse seltsam, dazu gleich mehr. Der gestrige Einbruch von mehr als zwei Prozent bei den US-Indizes führte zu vielen düsteren Headlines und Kommentaren. „Orkan an den Börsen“, „Crash in den Schwellenländern steht bevor“, „Der neue Bärenmarkt ist da“, „Gipfelbildung“, „Abschwächung der Weltwirtschaft“ etc.Don’t Panic
Wir bei Stockstreet sehen die Dinge wie gewohnt gelassener. Wie bereits seit Wochen beschrieben, waren die Börsen überhitzt. Diese Überhitzung wird jetzt abgebaut. Das ist gesund und war längst überfällig. Mehr ist bisher auch beim besten Willen nicht geschehen. In unseren kurzfristiger ausgelegten Depots der Stockstreet-Börsenbriefe haben wir bereits frühzeitig die Positionen reduziert, deswegen haben wir in den vergangenen Wochen die Füße eher still halten müssen. Jetzt freuen wir uns, denn sobald sich ein Boden ausbildet, können wir wieder aktiver werden und einsteigen. Einige Aktien sehen bereits wieder lecker aus. Und mal ganz ehrlich: Hat Sie diese Phase der Überhitzung nicht genervt? Also warum jetzt so eine düstere Stimmung?
Nachrichten färben sich dunkel
Aber vielleicht erinnern Sie sich an das, was ich in der vergangenen Woche schrieb: Je weiter die Kurse fallen, desto düsterer werden auch die Nachrichten. Und das kann man jetzt wirklich in Reinform beobachten.
Doch eigentlich war der Einbruch sogar gut!
Und damit kommen wir zu dem, was so seltsam an den Börsen ist: Die Kommentatoren täuschen sich. Eigentlich ist genau das, was gestern in den USA geschehen ist, bullish. Klingt verrückt? Wie kann ein Kurseinbruch von zwei Prozent bullish sein? Ganz einfach:
Ich hatte Ihnen vor kurzem diesen Chart gezeigt, in dem ich eine mögliche Topformation in Form einer Schulter-Kopf-Schulter-Formation (SKS) aufgezeigt hatte. Leider passte die Umsatzentwicklung nicht, so dass ich schon damals erläuterte, dass keine Topformation in Form einer SKS vorliegt! Und genau das belegt auch dieser aktuelle Einbruch.
Normale „abc“-Konsolidierung
Denn im Moment handelt es bei der Kursentwicklung im S&P500 um eine klassische „abc“-Konsolidierung. Es kommt zu einem dynamischen Einbruch „a“, dem eine kleine Zwischenerholung (Flagge) „b“ folgt, bis es zu einem zweiten dynamischen Einbruch kommt „c“, der in etwa die Ausdehnung des ersten Einbruchs hat. So gesehen ist sogar noch etwas Platz nach unten.
Der gestrige Einbruch folgt also einem bekannten Muster. Und da somit (bisher) keine Topformation vorliegt, müssen wir uns auch noch keine großen Sorgen machen, dass die Rally schon vorbei ist. Im Moment muss man, allein aufgrund der Wahrscheinlichkeiten, noch davon ausgehen, dass es sich einfach um eine gesunde Konsolidierung nach einer kleinen Übertreibung handelt.
Es kann aber noch was tiefer gehen
Sicherlich ist auch auf dem aktuellen Kursniveau im S&P500 die Überhitzung noch nicht komplett abgebaut. Somit kann es auch noch zu weiter fallenden Kursen kommen.
Und natürlich kann es tatsächlich, wie manche Analysten bereits vermuten, zu einem neuen Bärenmarkt oder einem Crash kommen, das würde ich nie ausschließen. Das Problem bei solchen Betrachtungen ist lediglich: DAS kann es immer, zu jedem Zeitpunkt! Egal ob die Kurse gestern gestiegen oder gefallen sind.
Der einzige kleine Punkt, der aber völlig überbewertet wird, ist, dass die Anleger nach stark fallenden Kursen empfindlicher auf schlechte Nachrichten reagieren. Das erhöht aber die Gefahr eines Crashs nur marginal.
Lassen Sie sich also nicht von den mittlerweile schon teilweise panikschürenden Artikeln beeinflussen. Sie belegen lediglich, dass die Autoren entweder sehr emotional mit der Börse mitgehen oder versuchen, möglichst viele Leser zu binden.
Fazit: Es gibt noch keine Hinweise auf ein Ende der Rally. Konsolidierungen sind nach Phasen der Überhitzung normal und gesund. Lassen Sie sich nicht von den Medien irritieren! Noch geht es um Einstiegssignale, noch sind die Wahrscheinlichkeiten auf der Long-Seite höher. Auch wenn nun sicherlich einige von Ihnen fragen werden: „Und was ist, wenn sich der Steffens dieses Mal doch täuscht?“
Ja, was ist dann? Dann hab ich mich getäuscht. Auch das geschieht. Da wir aber ausschließlich auf die Wahrscheinlichkeiten achten und es zu diesen Wahrscheinlichkeiten dazu gehört, auch mal falsch zu liegen, müssen Sie das einplanen. Den Job des Börsenhellsehers mit der Kristallkugel übernehmen Gott sei Dank andere…
Jochen Steffens